Klimaneutralität erfordert die verstärkte Nutzung von grünem Strom. Stromversorgungssicherheit bedeutet damit automatisch auch jederzeit verfügbare Energie für individuelle Mobilität

Klimaneutralität erfordert die verstärkte Nutzung von grünem Strom. Stromversorgungssicherheit bedeutet damit automatisch auch jederzeit verfügbare Energie für individuelle Mobilität (Quelle: Adobe Stock)

Um die selbst gesteckten Klimaziele in Deutschland und Europa zu erreichen, müssen die Verbrennung fossiler Brennstoffe in naher Zukunft sehr stark reduziert werden und ein Großteil der Stromproduktion auf erneuerbaren Quellen beruhen. Diese erneuerbaren Quellen sind – Stand heute – größtenteils nicht steuerbar und stellen daher zwar sehr preiswerte elektrische Energie, aber deutlich weniger bis gar keine gesicherte Leistung bereit. In diesem Artikel soll allgemein – aber auch spezifisch für die Situation in Deutschland – beleuchtet werden, ob ein Widerspruch zwischen Klimaneutralität und Versorgungssicherheit existiert und wenn ja, wie dieser gelöst werden kann.

In traditionellen Stromsystemen, die in vielen Ländern Europas, Teilen der USA und auch in Wachstumsmärkten wie China oder Indien vorherrschen, dominieren thermische Kraftwerke (inklusive Kernenergie) den Erzeugungsmix. Thermische Kraftwerke haben den Vorteil, gleichzeitig Energie als auch gesicherte Leistung, also Kapazität, bereitzustellen. Dazu muss „lediglich“ die technische Verfügbarkeit der Anlagen hoch sein und der im Kraftwerk verwendete Brennstoff bzw. Energieträger zuverlässig und in ausreichender Menge jederzeit zur Verfügung stehen.

Die zeitliche Struktur der Nachfragekurve bestimmt den optimalen Mix zwischen eher Grundlast-orientierten Kraftwerken (hohe CAPEX [1], niedrige SRMC [2]) und Spitzenlastkraftwerken (niedrige CAPEX, hohe SRMC). Es gibt in Wissenschaft und Praxis eine bisher ungelöste Debatte, ob ein Energy-Only-Markt ausreichende Kraftwerkskapazitäten refinanzieren kann oder zusätzliche Kapazitätsmechanismen nötig sind. Ohne diese Frage hier grundsätzlich beantworten zu können oder zu wollen, lässt sich zumindest festhalten, dass zusätzliche, kapazitätsbezogene Einnahmen in traditionellen Stromsystemen nur moderat sein müssen.
Das Stromsystem in Deutschland steht zwei Herausforderungen gegenüber: eine deutliche Steigerung der Nachfrage nach Strom, der zunehmend für Wärme/Kälte und in der Mobilität eingesetzt wird – und einen wachsenden Anteil stark wetterabhängiger Stromerzeugung, was zu einem komplexeren Abgleich zwischen Stromerzeugung und -verbrauch führt. Als Folge steigt der Bedarf an steuerbarer Leistung, um kurzfristige Schwankungen zu beherrschen, aber auch der Bedarf an saisonal einsetzbarer Leistung, da z.B. die Stromnachfrage fürs Heizen die bisherige Saisonalität verstärken wird. Neben anderen Lösungen wie Lastfolge und Stromspeichern, bieten sich hier zunehmend wasserstoffbefeuerte Gaskraftwerke als Lösung an – in Kombination mit der Nutzung von Gasspeichern und der internationalen Infrastruktur zum Import flüssiger oder gasförmiger Energieträger.

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