Abb. 1 REA-Gips-Prognose

Abb. 1 REA-Gips-Prognose (Quelle: Bundesverband der Gipsindustrie e.V.)

Die Baubranche ist in Deutschland bis zu 75 % von mineralischen Rohstoffen abhängig. Gips ist der zentrale Baustoff für die moderne klimafreundliche Trocken- und Leichtbauweise, die ressourceneffizientes, nutzungsflexibles, bezahlbares, brandsicheres und schnelles Bauen ermöglicht. Aufgrund seiner bauphysikalischen Eigenschaften und der einfachen Verarbeitbarkeit lässt sich Gips nicht wirtschaftlich sinnvoll durch andere Baustoffe ersetzen. Bauen ohne Gipsprodukte ist auf lange Sicht undenkbar.

Der Rohstoff wird heute aus REA-Gips aus der Rauchgasentschwefelung in Kohlekraftwerken, welcher seit mehr als 30 Jahren die natürlichen Gips-Ressourcen schont, und abgebautem Naturgips/-anhydrit gewonnen. Zunehmend werden diese beiden Rohstoffquellen durch Recycling-Gips (RC-Gips) ergänzt.

Kohleausstieg führt zu einer extremen REA-Gipsverknappung

Mit dem Mitte 2020 erlassenen Kohleausstiegsgesetz schreitet der Ausstieg aus der Kohleverstromung erheblich fort und führt zu einem Rückgang der REA-Gipsproduktion. Bereits jetzt zeichnen sich daher in bestimmten Regionen Engpässe bei der Rohstoffversorgung von Gipswerken ab.

Schon im Vorfeld hat die Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ (KWSB) die Folgen für die Rohstoffversorgung der Gipsproduktion erkannt und ausgleichende Maßnahmen zur Erhaltung der Wertschöpfungsketten gefordert. Die Überprüfungsbestimmungen gem. § 54 des Kohleausstiegsgesetzes beziehen daher Maßnahmen zur vorsorgenden Sicherung von Rohstoffen, die im Zuge der Kohleverstromung gewonnen werden, insbesondere Gips, ein. 

Allerdings sieht das Kohleausstiegsgesetz ein Ende der Kohleverstromung bis 2038 (frühestens 2035) vor. Zwischenzeitlich wurde jedoch in Nordrhein-Westfalen die Vereinbarung getroffen, die dortige Braunkohleverstromung bereits 2030 zu beenden. Hinzu kommt, dass die Bundesregierung im Koalitionsvertrag vorgesehen hat, den Kohleausstieg im gesamten Bundesgebiet „idealerweise“ bis 2030 vorzuziehen. Dies würde zu einer drastischen Verschärfung der Situation für die Gipsindustrie führen. Die Abschaltung von Kohlekraftwerken schränkt die Versorgung der Baubranche mit Gips bereits jetzt bis 2030 erheblich ein (s. Abb. 1).

Der extremen REA-Gips-Verknappung steht gleichzeitig ein wachsender Bedarf an Gipsprodukten gegenüber, so dass der Erhalt von Wertschöpfungsketten hinsichtlich der heimischen Versorgung mit Gipsrohstoffen gefährdet ist. Derzeit liegt der inländische Bedarf an Gips insgesamt bei 10 Mio. t jährlich und wird zu 100 % aus heimischen Rohstoffquellen gedeckt. 2020 wurden ca. 60 % dort gewonnen, wo Gips natürlich vorkommt, vor allem in den Bundesländern Niedersachsen, Thüringen, Baden-Württemberg, Hessen und Bayern. Etwa 40 % des Rohstoffes war REA-Gips aus der Lausitz und Nordrhein-Westfalen. 

Auch wenn Gipsrecycling und der daraus gewonnene RC-Gips als unterstützende Maßnahme von der deutschen Gipsindustrie massiv vorangetrieben wird, kann RC-Gips die zukünftige Rohstoffversorgung vor allem auf Grund der begrenzt verfügbaren Mengen von recycelbaren Gipsabfällen nur in sehr geringem Maße abdecken.

1 / 2

Ähnliche Beiträge