Abb. 1 Wasserdefizit im Rheinischen Braunkohlerevier – Entwicklung 1997-2022

Abb. 1 Wasserdefizit im Rheinischen Braunkohlerevier – Entwicklung 1997-2022 (Quelle: Erftverband)

Im aktiven Braunkohlenbergbau sorgen Sümpfungsbrunnen dafür, die Tagebaue trocken zu halten. Die oberen Grundwasserstockwerke werden dabei teilweise entleert, die unteren entspannt und es kommt zu einer Druckentlastung. Die Grundwasserabsenkungen reichen dabei erheblich über den jeweiligen Tagebaurand hinaus. Es bilden sich Absenkungstrichter, die Wasserversorgungen und Gewässer beeinträchtigen können. Feuchtgebiete verlieren durch Grundwasserabsenkungen den Kontakt zum Grundwasser, wenn keine wirkungsvollen Gegenmaßnahmen ergriffen werden. 

In den zurückliegenden Jahrzehnten wurden zunehmend Anstrengungen unternommen, die Auswirkungen der Tagebautätigkeit auf den Wasserhaushalt der Region zu verringern. Seit den 1980er-Jahren werden verstärkt Ausgleichsmaßnahmen durchgeführt, um die Tagebaue und ihr Umfeld umweltfreundlicher zu gestalten und den Wasserhaushalt zu schonen. Der Tagebau Garzweiler im Rheinischen Revier ist ein in der Fachwelt anerkanntes Beispiel dafür, wie ein Großteil des Sümpfungswassers im Umfeld des laufendem Tagebaubetriebs wieder infiltriert wird und die Umweltauswirkungen der Tagebautätigkeit möglichst geringgehalten werden. 

Gravierende Änderung durch Beendigung der Tagebaue

Wenn 2030 im gesamten Rheinischen Braunkohlerevier die Kohleförderung endet, werden auch die Sümpfungsmaßnahmen deutlich reduziert und es entfallen die bisherigen Mengen an Sümpfungswasser. Das hat die Umstellung der gesamten regionalen Wasserinfrastruktur zur Folge und stellt eine der größten Zukunftsaufgaben für die Region dar. Verantwortlich für die wasserwirtschaftliche Neuordnung ist neben dem Bergbau der Erftverband. 

Der Ende der 1950er-Jahre auf sondergesetzlicher Grundlage gegründete Erftverband begann seine Tätigkeit als die Tagebaue anfingen, in größere Tiefen vorzudringen. Heute steht der Verband im Zentrum der wasserwirtschaftlichen Planungen und Entwicklungen im rheinischen Revier. Aufgaben und Tätigkeit des Verbands umfassen die Sicherung der Trinkwasserversorgung, die Überwachung von Grundwasserveränderungen, die Regulierung des Grundwasserstandes sowie die Abwasserbeseitigung. Hinzu kommen der Hochwasserschutz sowie Maßnahmen zur Bewältigung von Klimafolgen. 

Derzeit umfasst das Verbandsgebiet rund 1.900 km2. Diese Fläche entspricht dem Einzugsgebiet der Erft, einem kleinen Fluss, der sich von der nördlichen Eifel durch das Rheinische Revier zieht und nach 103 Flusskilometern bei Neuss den Rhein erreicht. Zusätzlich betreut der Erftverband weitere 4.300 km2 Fläche in der Region, zum einen das Gebiet westlich der Erft bis zur Grenze von Belgien und den Niederlanden sowie einen schmalen linksrheinischen Streifen zwischen Düsseldorf und Bonn. Auf der gesamten Fläche müssen weiterhin Ausgleichsmaßnahmen zur Sicherstellung von Wasserversorgungen und Gewässern durchgeführt werden, Feuchtgebiete geschützt, Tagebauseen befüllt sowie der flächenhafte Grundwasseranstieg eingeleitet werden. 

In den 1970er- und 1980er-Jahren vergrößerten sich die Grundwasserdefizite im Rheinischen Revier im Zuge der immer größeren Tiefen der Tagebaue erheblich. Pro Jahr wurde bis zu einer Milliarde Kubikmeter Wasser mehr entnommen als zugeführt. Im Wasserwirtschaftsjahr 1974 erreichte das Defizit mit mehr als 1,1 Mrd. m3 einen historischen Höchststand. Im Verlaufe der 1980er-Jahre nahm die Entnahme deutlich ab, da viele Grundwasserleiter weitgehend entleert waren und Versickerungsmaßnahmen eine wachsende Rolle spielten. In dieser Periode lag das durchschnittliche Jahresdefizit bei etwa 700 Mio. m3. Eine Ausweitung der wasserwirtschaftlichen Maßnahmen und Veränderungen in den Tagebauen verringerten die Defizite in den 1990er-Jahren auf weniger als 400 Mio. m3 und ab 2000 auf weniger als 200 Mio. m3 pro Jahr. Mehrmals gelang es sogar, das Wasserwirtschaftsjahr mit einem leicht positiven Ergebnis abzuschließen (siehe Abb. 1). 

Beträchtliches Grundwasserdefizit aufgebaut

Das gesamte Grundwasserdefizit beträgt derzeit im rheinischen Revier 19,4 Mrd. m3. Das ist deutlich mehr als in anderen Revieren und liegt vor allem an der Tiefe der Tagebaue. So erreichte der Tagebau Hambach seinen tiefsten Punkt bei 411 m unter Geländekante oder rund 320 m unter dem Meeresspiegel. Weltweit gab und gibt es keinen tieferen Lockergesteinstagebau.

Einschließlich der für die drei geplanten Tagebauseen benötigten 6,5 Mrd. m3 werden im rheinischen Revier in den nächsten Jahrzehnten insgesamt 26,6 Mrd. m3 Wasser benötigt, um die historisch aufgebauten Grundwasserdefizite auszugleichen und den zukünftigen Bedarf zu decken. Schon seit den 1960er-Jahren ist klar, dass ein Großteil davon aus dem Rhein stammen wird und über eine Leitung herangeführt werden muss. Nach Expertenmeinung ist die Rheinwasserüberleitung absolut zwingend. Das Wasser werde nicht nur zur Füllung der Tagebauseen benötigt, sondern sei auch für weitere Aufgaben unverzichtbar: Infiltrationsanlagen müssen noch auf Jahrzehnte betrieben werden, um Feuchtgebiete zu versorgen. Viele kleinere Fließgewässer im Norden des Tagebaus Garzweiler benötigen eine zusätzliche Zufuhr von Wasser. Es wird Rohwasser für diverse Trinkwasserversorgungen benötigt. Für die beiden Tagebauseen wird eine Fülldauer von etwa 40 Jahren angenommen, was mehrere Milliarden Kubikmeter Rheinwasser erfordert. Der Tagebausee Inden soll mit Wasser der aus der Nordeifel zufließenden Rur befüllt werden.

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