Kohlemarkt: Abb. 1 Weltkohleverbrauch 2000-2025 in Mio. t

Abb. 1 Weltkohleverbrauch 2000-2025 in Mio. t (Quelle IEA 2022)

Gegenüber 2021 erhöhte sich der weltweite Kohleverbrauch 2022 um 1,2 % und durchbrach damit erstmals die Marke von 8 Mrd. t. Eigentlich hatten Experten eine Marktentwicklung auf stabilem Niveau erwartet. Doch die globalen Auswirkungen der durch den Ukraine-Krieg ausgelösten rohstoffpolitischen Isolation Russlands sowie besondere regionale Entwicklungen auf den Märkten sorgten für deutliche Abweichungen von der Prognose. So der neueste Kohlereport der Internationalen Energieagentur (IEA) [1].

Die Preise für fossile Energien verzeichneten 2022 weltweit einen starken Anstieg, dies galt in besonderem Maße für Erdgas. In Regionen mit hohen Gasanteilen am Energieverbrauch reagierten die Marktakteure mit einem Ausweichen auf wettbewerbsfähigere Energieträger wie die Kohle. In Europa sorgten hohe Gaspreise sowie der politisch unterstützte schnelle Abbau von einseitigen Lieferabhängigkeiten für eine signifikante Zunahme des Kohleeinsatzes in der Stromerzeugung. Allerdings ersetzten Stein- und – soweit vorhanden – Braunkohle nicht so sehr direkt den Energieträger Gas. Vielmehr wurde auch mehr Kohle zur Stromerzeugung eingesetzt, um geringere Beiträge aus der Wasserkraft sowie der Kernenergie zu ersetzen. Auch bei Dunkelflauten wurden verstärkt Kohlekraftwerke genutzt. Insgesamt stieg der Kohleverbrauch in der EU im abgelaufenen Jahr um knapp 30 Mio. t auf 478 Mio. t.

In China, auf das mehr als die Hälfte des gesamten Weltkohleverbrauchs entfällt, sorgte die restriktive Covid-19-Politik für eine Schwächung der gesamten Energienachfrage. Der Kohleverbrauch der Industrie sank um 1 % vor allem wegen der zurückgehenden Eisen- und Stahlproduktion. Andererseits sorgten Hitzewellen und Trockenheit für einen Anstieg des Stromverbrauchs und eine Erhöhung des Kohleeinsatz in den Kraftwerken um 2 %. Im August 2022 erreichte die Stromerzeugung in China eine Höhe von über 500 TWh. Dieser Monatswert liegt höher als die Werte des gesamten Jahres aller anderen Länder, mit Ausnahme von Indien und den USA. Insgesamt steigerte China 2022 seinen Kohleverbrauch auf 4.250 Mio. t. Es folgte Indien mit 1.103 Mio. t, ebenfalls deutlich mehr als 2021. Im sonstigen Asien sowie in den USA nahm der Kohleverbrauch dagegen ab.

In Indien und China, wo Kohle das Rückgrat der Elektrizitätsversorgung bildet und Gas nur einen geringen Anteil an der Stromerzeugung hat, waren die Auswirkungen höherer Gaspreise auf die Kohlenachfrage begrenzt. Dennoch hat der verstärkte Kohleeinsatz in diesen Ländern Erdgas substituiert, das von anderen Regionen gekauft wurde, die bereit waren, mehr für den Brennstoff zu zahlen – darunter auch Deutschland – um die Abhängigkeit von russischen Erdgaslieferungen zu verringern. 

Energiekrise – Starke Betroffenheit in Europa

Europa zählt zu den Regionen, die 2022 am stärksten von der internationalen Energiekrise betroffen waren. Witterungsbedingt niedrigere Wasser- und Kernkraftleistungen in Verbindung mit technischen Problemen in französischen Kernkraftwerken belasteten das europäische Stromsystem zusätzlich.

Als Reaktion darauf haben einige europäische Länder ihre Kohleverstromung erhöht und gleichzeitig den Einsatz erneuerbarer Energien beschleunigt sowie in einigen Fällen die Nutzung von Kernkraftwerken verlängert. Dabei kam den Stromerzeugern zu Hilfe, dass aufgrund außergewöhnlich günstiger Witterungsbedingungen die Stromerzeugung aus PV- und Windkraftanlagen deutlich höher war als im Vorjahr. In Deutschland nahm die Stromerzeugung aus PV-Anlagen um über 20 % zu, bei Windkraftanlagen an Land und auf See war die Erzeugung um mehr als 10 % höher als im Vorjahr.

Angesichts einer drohenden Gasknappheit infolge der ab September komplett eingestellten Pipelinetransporte aus Russland und möglicher Probleme bei der Sicherstellung einer ausreichenden Stromversorgung wurden Kohlekraftwerke, die stillgelegt waren oder in Reserve standen, wieder für die Teilnahme am Markt zugelassen. In den meisten Ländern betraf dies eine begrenzte Menge an Erzeugungskapazität. In Deutschland erfolgte hingegen die Wiederinbetriebnahme in einer Größenordnung von rund 10 GW und damit in einem nennenswerten Umfang.

Diese politischen Entscheidungen haben die Kohlestromerzeugung in der Europäischen Union spürbar erhöht. Die IEA rechnet damit, dass der Kohleanteil an der europäischen Stromerzeugung voraussichtlich noch einige Zeit auf dem höheren Niveau bleiben wird. Die weitere Verbesserung der Energieeffizienz sowie der Ausbau erneuerbarer Energien werden aber bereits 2024 dazu führen, dass die Kohlenachfrage in der EU wieder auf einen Abwärtstrend einschwenkt, prognostiziert die IEA.

Weltweite Entwicklung des Kohleverbrauchs unklar

Die anhaltenden geostrategischen Unsicherheiten geben nach Ansicht der IEA Anlass zu der Annahme, dass die globale Kohlenachfrage bis mindestens 2025 auf dem aktuell hohen Niveau von 8 Mrd. t verharren wird. Dies ist, so die IEA, aber keine belastbare Prognose, denn angesichts der aktuellen Energiekrise mit ihren Unsicherheiten sind sowohl ein weiteres Wachstum, aber auch eine Schrumpfung möglich (Abb. 1).

Die Entwicklung in China wird den größten Einfluss auf die weitere globale Kohlenachfrage haben, da mehr als die Hälfte des Gesamtverbrauchs auf China entfällt. Allein der chinesische Stromsektor beansprucht ein Drittel des weltweiten Kohleverbrauchs. Der Kohleverbrauch in China ist zwar in den zurückliegenden Jahren stark gewachsen, aber das Wachstum wird voraussichtlich bis 2025 mit einer Zunahme von durchschnittlich 0,7 % pro Jahr eher stagnieren, was hauptsächlich auf die Zunahme der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien zurückzuführen ist. Im Zeitraum 2022 bis 2025 erwartet die IEA, dass Chinas erneuerbare Stromerzeugung um fast 1.000 TWh zunehmen wird.

In Indien hat sich der Kohleverbrauch seit 2007 mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 6 % verdoppelt. Indien wird voraussichtlich weiterhin der Wachstumsmotor der globalen Kohlenachfrage sein. Im Gegensatz dazu setzt der Kohleverbrauch in den USA seinen Abwärtstrend fort und auch in der Europäischen Union wird bis 2025 ein erheblicher Rückgang beim Kohleverbrauch erwartet. Recht optimistisch schätzt die IEA, dass bis 2025 fast 90 % des weltweiten zusätzlichen Strombedarfs durch Erneuerbare gedeckt werden. Bei einer weiteren leichten Zunahme des Kohleeinsatzes in Kraftwerken sowie in Ermangelung emissionsarmer Alternativen für den Eisen- und Stahlsektor spricht jedoch vieles dafür, dass sich die Welt-Kohlenachfrage bis 2025 stabil entwickelt.

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