China und Indien fahren Produktion hoch

Kohlemarkt: Abb. 2 Weltkohleerzeugung 2000-2025 in Mio. t

Abb. 2 Weltkohleerzeugung 2000-2025 in Mio. t (Quelle: IEA 2022)

China und Indien, die größten Kohleverbraucher der Welt, sind auch die größten Produzenten und darüber hinaus die beiden bedeutendsten Kohleimporteure. Als Reaktion auf Preissteigerungen und Lieferengpässe haben China und in geringerem Maße Indien die heimische Kohleproduktion seit Sommer 2021 hochgefahren. Im März 2022 erreichte die chinesische Produktion einen neuen Monatshöchststand und wird voraussichtlich auf einen neuen Jahresrekord steigen. Mit einem Zuwachs von 8 % für das Gesamtjahr sollen der Importbedarf verringert und die Lagerbestände wieder aufgefüllt werden (Abb. 2).

In Indien versucht die Regierung seit längerem, die Produktion zu steigern, um die Importe zu reduzieren. 2021 erreichte die Förderung erstmals 800 Mio. t, 2022 überstieg die Förderung die Marke von 1 Mrd. t. Bis 2025 wird die Förderung diese Marke mit großer Wahrscheinlichkeit regelmäßig übersteigen. Auch Indonesien, der drittgrößte Produzent der Welt, hat die Produktion 2022 auf einen neuen Höchststand ausgeweitet, wobei die Exporte eine wichtigere Rolle spielen als die Binnennachfrage.

Die gegen Russland erlassenen Sanktionen haben dazu geführt, dass Russland seine Rolle als drittgrößter Kohleexporteur der Welt eingebüßt hat. Die Sanktionen haben zu einer Umstrukturierung der globalen Handelsströme geführt, da Käufer, insbesondere in Europa, nach alternativen Lieferungen suchten. Zudem können russische Kohlemengen, die bisher auf der Schiene nach Europa oder von nordwestrussischen Häfen nach Europa verschifft wurden, aufgrund fehlender innerrussischer Kapazitäten nicht nach Osten oder Süden umgeleitet werden. Dies hat zu einem Rückgang der russischen Exporte und einer Verengung des Marktes geführt.

Die Lücke, die die russischen Kohlelieferungen in Europa hinterlassen haben, wurde größtenteils von Südafrika, Kolumbien und anderen kleineren Produzenten wie Tansania und Botswana gefüllt. Indonesien, das das Jahr mit einem Verbot von Kohleexporten begann, um seinen eigenen Inlandsbedarf zu decken, bewies Flexibilität, als es seine Exporte nach Europa ausweitete, um russische Lieferungen auszugleichen. Dagegen konnten die Vereinigten Staaten die entstandene Lücke nur im geringen Umfang schließen [2]. Wegen Arbeitskräftemangel und Transportengpässen dürften die US-Kohleexporte trotz hoher Preise insgesamt leicht zurückgehen. Unterjährig haben Regenfälle und Überschwemmungen in Australien die Produktion eingeschränkt, was zu einem angespannten Markt beigetragen hat.

Die komplexen Angebots- und Nachfrageentwicklungen in Verbindung mit hohen Gaspreisen ließen die Preise für Kraftwerkskohle bereits Ende 2021 auf Höchststände steigen. Fast sofort beschleunigten China und Indien die Produktion, um den Markt zu entlasten, und die Preise fielen wieder auf ein niedrigeres Niveau. Als Indonesien im Januar 2022 den Export verbot, stiegen die internationalen Preise erneut, während die chinesischen Preise stabiler blieben, da der lokale Markt gut versorgt war.

Die russische Invasion in der Ukraine Ende Februar 2022 löste jedoch einen Anstieg der Gaspreise aus, was wiederum die Kohlepreise im März und im Sommer auf neue Rekorde trieb. Weitere Unterstützung für die Preise kam von einer Kriegsprämie und einer zunehmenden Wahrnehmung des Risikos physischer Energieknappheit bei den Verbrauchern. Die Preisentwicklung hat sich seit dem Sommer 2022 zwar verlangsamt, da die Versorgungssorgen nachgelassen haben. Regenfälle in Australien verschärften die Marktanspannung im Laufe des Jahres jedoch weiter und drückten die Preise für hochwertige Kraftwerkskohle außergewöhnlich über die für hochwertige Kokskohle. Mit dem schrittweisen EU-Import-Verbot für russische Kohle von April bis Anfang August sind die Preise für russische Kohle dagegen stark gesunken.

Die seit Oktober 2021 zu verzeichnenden Rekordpreise und eine stärkere Fokussierung auf die Energiesicherheit hätten zu einem Anstieg der Investitionen in die Kohlegewinnung führen müssen. Außerhalb von China und Indien, wo die heimische Produktion hochgefahren wurde, um die Importe zu verringern, gibt es jedoch keine Anzeichen für eine Umkehr der Investitionszurückhaltung in der Kohleindustrie. Dies gilt insbesondere für Kraftwerkskohle.

Kohle als Stabilitätsanker

In Europa hat sich die Erhöhung des Kohleeinsatzes 2022 als wichtiger Stabilitätsanker der Stromerzeugung erwiesen. Insbesondere die gesetzlich abgesicherte temporäre Nutzung von zusätzlich rund 10 GW Stein- und Braunkohlekapazität in Deutschland hat die Risiken für die Elektrizitätsversorgung vermindert und den Anstieg der Strompreise abgebremst. Der zusätzliche Beitrag der Kohle hat in Deutschland und in der EU ebenso zur Stärkung der konjunkturellen Entwicklung wie zur Dämpfung der allgemeinen Teuerung beigetragen.

In Deutschland sollen die durch den Anstieg der Kohlenutzung gestiegenen CO2-Emissionen durch einen regional auf 2030 vorgezogenen Kohleausstieg kompensiert werden. Andererseits zeigt die globale Entwicklung, dass die Kohle insbesondere in China, Indien und anderen Ländern des asiatischen Raumes für die wirtschaftliche Entwicklung und die Sicherheit der Energieversorgung unverzichtbar ist. Allerdings entfallen auf diese Länder nicht nur knapp 80 % des Verbrauchs, sondern auch ein vergleichbarer Anteil an den durch die Kohlenutzung verursachten CO2-Emissionen.

Quellen

[1] IEA: Coal 2022 Analysis and forecast to 2025. Online www.iea.org/reports/coal-2022

[2] Vgl. https://ag-energiebilanzen.de Folie 13

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„et“-Redaktion/Wieland Kramer
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