Veränderung der Einfuhrquellen / Heimische Energiequellen ausweiten

Abb. 2 Wert der deutschen Energieimporte aus Russland 2021 – gesamt ca. 25 Mrd. €

Abb. 2 Wert der deutschen Energieimporte aus Russland 2021 – gesamt ca. 25 Mrd. € (Quelle: AG Energiebilanzen)

Eine stärkere Diversifikation der Bezugsquellen bzw. der Rückgriff auf importierte Energiemengen aus Regionen, die als sicherer eingestuft werden, kann grundsätzlich die Gefahr von Lieferunterbrechungen und kurzfristigen Versorgungsstörungen verringern [5]. Das ökonomische Risiko von Preis- und Wechselkursschwankungen auf dem Weltmarkt bleibt jedoch in diesem Szenario für die Volkswirtschaft bestehen und könnte auf Dauer nur durch einen stärkeren Rückgriff auf heimische, insbesondere erneuerbare Energiequellen abgefedert werden.

Kurzfristig sind die Optionen zum Hochfahren heimischer Energiegewinnung jedoch eher begrenzt. Der Rückgriff auf die noch vorhandenen inländischen Steinkohlevorräte (das letzte Bergwerk wurde Dezember 2018 stillgelegt) ist rechtlich, technisch und wirtschaftlich nahezu ausgeschlossen. Die kurzfristige Abkehr vom Ausstiegsfahrplan bei der Kernenergie (Verlängerung der Kernenergielaufzeiten) stößt auf betriebliche und sicherheitstechnische Probleme.

Vor diesem Hintergrund steht als kurzfristig wirksame Option nur die Ausweitung der Gewinnung und Verstromung von heimischer Braunkohle aus genehmigten und betriebsfähigen Tagebauen zur Verfügung und es müsste der Fahrplan des gesetzlich fixierten Kohleausstiegs überdacht werden. Dies gilt insbesondere und kurzfristig für die im Kohleverstromungsbeendigungsgesetz festgelegte Stilllegung weiterer Kraftwerksblöcke. In mittel- bis langfristiger Perspektive stellt der Ausbau erneuerbarer Energiequellen, flankiert durch Schaffung geeigneter Infrastrukturen vorrangig im Bereich der Netze oder zum Import von „grünem“ Wasserstoff, eine sinnvolle Strategie zur Verminderung der Abhängigkeit von Energieimporten dar.

Kurzfristig ist auch ein Energieswitch bei den Importenergien möglich. So ließe sich insbesondere in der Stromversorgung importiertes russisches Erdgas zumindest teilweise durch besser verfügbare und preiswertere Kraftwerkskohle ersetzen. Der Rückgriff auf Kohle(strom) stellt allerdings insbesondere im Wärmemarkt und zur Deckung der Energienachfrage für Mobilitätszwecke keine geeignete Kurzfrist-Strategie dar, da hier vor allem Kraftstoffe, Erdgas und Heizöl benötigt werden. Für diese Bereiche kommt in der kurzfristigen Perspektive nur die Veränderung der Liefer-/Einfuhrquellen, ggf. auch unter Inkaufnahme höherer Energiepreise, als Handlungsoption in Frage. Diese Option wird von der Bundesregierung bereits durch die Erhöhung von LNG-Importen genutzt.

Anmerkungen

[1] Die Zuordnung der Kernenergie als importierten Energierohstoff ist jedoch nicht zwingend, da aufgrund mehrjähriger Reichweiten der vorgehaltenen Brennstoffvorräte die Kernenergie in der Energiestatistik gemäß internationalen Konventionen (IEA, Eurostat) auch als „quasi“ heimische Energiequelle eingestuft werden kann.
[2] Aufgrund der fortschreitenden Erschöpfung der Lagerstätten wird die inländische Fördermenge von Erdgas und Rohöl in Zukunft weiter zurückgehen.

[3] Ausführliche Informationen zur Energieversorgung in Deutschland im Jahr 2021 liefert der aktuelle Jahresbericht der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (AGEB). Online unter: ag-energiebilanzen.de


[4] Betrachtet man das Segment Stromerzeugung, liegt der Anteil der Lieferungen aus Russland bei 70 %.
[5] Selbstverständlich trägt auch die Bevorratung (Speicherung) wichtiger Energieträger wie Rohöl, Kohle oder Erdgas dazu bei, die Versorgungssicherheit zu erhöhen und zumindest kurzfristige Lieferunterbrechungen zu überbrücken.

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„et“-Redaktion
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