Die Vermeidung von Methanausstoß kann den Klimawandel weltweit schnell und kostengünstig bremsen

Die Vermeidung von Methanausstoß kann den Klimawandel weltweit schnell und kostengünstig bremsen (Quelle: Adobe Stock)

Auf der Weltklimakonferenz in Glasgow (COP26) ist ein Methanpakt gegen die Erderwärmung angeschoben worden. Mehr als 100 Staaten schlossen sich einer Initiative der Europäischen Union und der USA zur Verringerung des globalen Methanausstoßes an. Das gemeinsame Ziel: die Methanemissionen bis 2030 um mindestens 30 % zu senken.

Dieses Signal ist wichtig, denn die Zeit drängt. Methan schädigt das Klima deutlich stärker als Kohlendioxid (CO2). Aktuell setzt die Weltwirtschaft jährlich 380 Megatonnen (Mt) des Gases frei. Damit ist Methan für fast ein Drittel der globalen Erwärmung verantwortlich und nach CO2 zweitgrößter Treiber des Klimawandels. Steigen die Methanemissionen weiter ungebremst an, verhindern allein sie schon das Erreichen des international vereinbarten 1,5°C-Ziels. Zu diesem alarmierenden Ergebnis kommt die McKinsey-Studie „Curbing methane emissions – How five industries can counter a major climate threat“ (https://www.mckinsey.de/news/presse/21-10-14-curbing-methane-emissions).

Um auf dem 1,5°C-Pfad voranzukommen, ist der Studie zufolge eine globale Verringerung der Methanemissionen um 37 % bis 2030 und um 55 % bis 2050 erforderlich – das entspricht einer Senkung von 2 % pro Jahr. Handlungsbedarf besteht vor allem in fünf Branchen, die global für 98 % der Methanemissionen verantwortlich sind.

Fünf Branchen Hauptverursacher der Methanemissionen

Der Agrarsektor trägt mit 40 bis 50 % den Löwenanteil zum weltweiten Methanausstoß bei. Hauptquellen sind Wiederkäuer wie Rinder und Schafe, die durch ihre Verdauung für 70 % der Emissionen in diesem Sektor verantwortlich sind. Hinzu kommen landwirtschaftliche Produktionstechniken wie Brandrodung oder das Verbrennen von Biomasse sowie die Reisproduktion, die durch die Flutung von Feldern örtlich viel Methan produziert.

Öl- und Gasindustrie machen ein Viertel bis ein Fünftel aller Methanemissionen weltweit aus. Das Gas entweicht beim Entlüften von Leitungen, durch Lecks auf dem Weg von der Förderung bis zum Verbrauch und durch unvollständige Verbrennung während des Abfackelns. Der Kohlebergbau produziert 10 bis 15 % Methan in aktiven oder verlassenen Schächten, je 7 bis 10 % des globalen Ausstoßes entfallen auf die Deponierung organischer Abfälle und die Aufbereitung von Abwasser.

Globale Methanemittenten: China vorn, Europa im Mittelfeld

Um den weltweiten Methanfußabdruck zu reduzieren, sind regional angepasste Strategien nötig. Das liegt vor allem daran, weil der Mix der Emissionsquellen von Land zu Land sehr unterschiedlich ist (Abb. 1). Entscheidungsträger aus Politik und Wirtschaft stehen deshalb vor einer komplexen Optimierungsaufgabe. Bei der Suche nach der richtigen Strategie gilt es, Dringlichkeit, regulatorische Ziele, die Erwartungen unterschiedlicher Interessengruppen und praktische Umsetzbarkeit miteinander auszutarieren.

Nach Ländern betrachtet stammt das meiste anthropogen verursachte Methan – insgesamt 64 Mt – aus China: vor allem aus dem Kohlebergbau, aber auch aus Landwirtschaft und Abfall-/Abwasserwirtschaft sowie aus dem Reisanbau. Platz zwei teilen sich mit je 35 Mt Indien, dessen Hauptmethanquellen die Landwirtschaft sowie Abfall- und Abwasserwirtschaft sind, sowie andere asiatische Staaten, deren Methanausstoß überwiegend aus dem Nass-Reisanbau stammt.

Die weltweit höchsten Methanemissionen im Bereich Öl- und Gasindustrie verantworten aktuell der Mittlere Osten (19 Mt), gefolgt von den USA (12 Mt), Nordafrika (7 Mt) und Russland (6 Mt). Im Bereich Landwirtschaft sind es neben Indien vor allem Brasilien (14 Mt), Europa (12 Mt) sowie Nordafrika und Südamerika (je 10 Mt).

Europa liegt mit 25 Mt Methanausstoß weltweit im Mittelfeld – auf Platz acht von insgesamt 14 Plätzen. Als Top-3-Emissionsquellen erweisen sich hier neben der Landwirtschaft (12 Mt) vor allem die Abfall- und Abwasserwirtschaft (7 Mt) sowie die Öl- und Gasproduktion (3 Mt).

Deutschlands Anteil am Methanausstoß in Europa lag mit zuletzt 1,9 Mt. in 2019 nur bei rund 7,6 %. Wenn es um die Verteilung der Emissionsquellen geht, zeigt sich ein ganz ähnliches Bild wie Europa: Das meiste Methan entsteht auch bei uns aktuell in der Landwirtschaft durch intensive Tierhaltung sowie im Bereich Abfall- und Abwasserwirtschaft. Im Vergleich dazu spielen Kohle-, Öl- und Gasproduktion in Deutschland nur eine untergeordnete Rolle. Auch der Gastransport sowie die Gasspeicherung führen in Deutschland zu nur vergleichsweise geringen Emissionen.

Rasche Reduktion lohnt sich: Klimaerfolge von Tag eins an

Die Voraussetzungen, klimaschädliche Methanemissionen zu senken, sind nach Analysen von McKinsey verhältnismäßig günstig. Denn Methan baut sich – anders als Kohlendioxid – ziemlich zügig in der Atmosphäre ab: Über einen Zeitraum von 20 Jahren ist die klimaschädliche Wirkung des Gases zwar 86-mal stärker als die von CO2. Über hundert Jahre betrachtet aber ist Methan nur noch 28-mal klimaschädlicher als CO2. Deshalb könnte der Klimawandel quasi sofort gebremst werden, sobald die Methanemissionen sinken. Damit ist die Reduktion von Methan eine der wirksamsten Maßnahmen, um in den kommenden Dekaden den Klimawandel deutlich zu verlangsamen.

Doch wie steht es um die Umsetzbarkeit notwendiger Reduktionen? Hier macht die McKinsey-Studie Wirtschaft und Politik Mut: Die meisten Technologien für eine schnelle Methanreduzierung sind bereits vorhanden. So könnten die weltweit in der Landwirtschaft anfallenden Emissionen mit bereits vorhandener Technik bis 2030 um 12 % und bis 2050 um 30 % reduziert werden. Ein wirksamer Hebel sind beispielsweise Futtermittelzusätze für Rinder, welche die Gasbildung bei der Verdauung mindern. Und im Pflanzenbau existieren schon heute spezielle Anbau- und Düngeverfahren, die Methanemissionen vom Acker drosseln.

In der Öl-Wertschöpfungskette werden bisher noch 99 % der Methanemissionen bei Förderung und Veredelung freigesetzt. In der Gas-Wertschöpfungskette entfallen 65 % der Methanemissionen auf das Entlüften von Druckbehältern, Pipelines und anderer Infrastruktur – hauptsächlich durch Lecks an Rohren, Dichtungen und Geräten. Deutlich senken ließen sich die Methanverluste beispielsweise durch den Austausch von undichten Geräten, Entlüftungssystemen und Dampfrückgewinnungseinheiten sowie durch den Einbau von optischen Gasdetektoren und Methansensoren. Nach Analysen von McKinsey könnten so die Methanemissionen in diesem Bereich bis 2030 um 40 % und bis 2050 um 73 % zurückgehen.

Die kosteneffizientesten Hebel für die Öl- und Gasindustrie liegen in der konventionellen Upstream-Produktion, also der Gewinnung, Produktion und Veredelung der fossilen Energieträger. In der Downstream-Produktion über das weitläufige Pipeline-Netz ist es hingegen aufwendiger, die Methanemissionen zu senken. Hier könnten betreiberübergreifende Lösungen wirtschaftlicher sein, etwa über eine zu implementierende Gasexportinfrastruktur.

Die Abfallwirtschaft spielt bei den Methanemissionen global zwar nur eine untergeordnete Rolle, hat aber beachtliches Minderungspotenzial – auch in Deutschland. Bei den festen Abfällen könnten Methanabgase weltweit bis 2030 um 39 % und bis 2050 um 91 % gesenkt werden. Das Methan ließe sich als erneuerbares Erdgas verkaufen oder zur Düngemittelproduktion nutzen. Ein Nachteil dieser Verfahren: Möglicherweise reichen die erzielbaren Einnahmen bisher noch nicht aus, um die Kosten der Methannutzung zu kompensieren.

Nicht ganz so hoch ist das Einsparpotenzial im Bereich Abwasser. Bis 2030 könnten Methanemissionen dort um 27 %, bis 2050 um 77 % gesenkt werden. Voraussetzung dafür wäre der globale Ausbau moderner sanitärer Anlagen samt Infrastruktur und Technik. Doch gerade für ärmere Länder stellen die Kapitalkosten und die organisatorischen Anforderungen an die Abwasserwirtschaft oft ein Umsetzungshindernis dar. Einfache Strategien zur Methanvermeidung in tropischen Regionen wären die Überdachung von Abwasserbecken oder der Einsatz von Mikroalgen, um die Gasbildung zu reduzieren.

Relativ gering fällt das Einsparpotenzial laut Studie im Bereich Kohlebergbau aus. Bis 2030 liegt es weltweit bei 2 % und bis 2050 bei 13 %. Techniken, das Methan aufzufangen und anschließend zu verstromen, gibt es bereits – allerdings sind sie komplex und entsprechend teuer. Wirtschaftlich interessant könnten diese Verfahren am ehesten für Unternehmen in China sein, die weltweit für 70 % des Methans aus dem Kohlebergbau verantwortlich sind und bereits in die Kohlevergasung zur industriellen Nutzung investiert haben.

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