Abb. 1 Rohölimporte nach Deutschland 2021 und 2023 nach Ländern (Anteile in %)

Abb. 1 Rohölimporte nach Deutschland 2021 und 2023 nach Ländern (Anteile in %) Quelle: BAFA

Mit den Wirtschaftssanktionen soll dafür gesorgt werden, dass Russlands Vorgehen schwerwiegende Konsequenzen nach sich zieht und eine Fortsetzung der Aggression wirksam erschwert oder unterbunden wird. Im Energiebereich betreffen die Sanktionen Mineralöl und Kohle sowie neuerdings auch verflüssigtes Erdgas (LNG).

Der Europäische Rat verabschiedete im Juni 2022 ein 6. Sanktionspaket, das den Erwerb, die Einfuhr oder den Transport von Rohöl sowie bestimmten Erdölerzeugnissen auf dem Seeweg aus Russland in die EU verbietet. Die Beschränkungen gelten seit Dezember 2022 für Rohöl und seit Februar 2023 für Mineralölprodukte. Da der Großteil des russischen Öls, das in die EU gelangt, auf dem Seeweg transportiert wird, erfasst das Embargo rund 90 % der bisherigen russischen Öllieferungen nach Europa. Zwischenzeitlich endeten auch die Lieferungen über die Pipeline Druschba zu den mineralölverarbeitenden Betrieben in Ostdeutschland.

Zusätzlich hat die EU eine Preisobergrenze für Rohöl, Erdöl und Öl aus bituminösen Mineralien, die ihren Ursprung in Russland haben oder aus Russland ausgeführt werden, festgelegt. Die Preisobergrenze beträgt 60 US$ je Barrel für Rohöl, 45 US$ je Barrel für weniger hochwertige Erdölerzeugnisse und 100 US$ je Barrel für hochwertige Erdölprodukte. Diese Werte können geändert werden, um Marktentwicklungen und technischen Änderungen Rechnung zu tragen. Die Preisobergrenzen sollen hohe Preissteigerungen begrenzen und die Einnahmen Russlands aus dem Verkauf von Mineralöl verringern. Zusätzlich hat die EU die Beförderung von russischem Rohöl und von Erdölerzeugnissen durch EU-Schiffe in Drittländer verboten. Das Verbot umfasst auch die Bereitstellung von technischer Hilfe, Vermittlungsdiensten, Finanzmitteln oder Finanzhilfen. Dieses Verbot gilt jedoch nicht, wenn das Rohöl oder die Erdölerzeugnisse zu Preisen erworben werden, die unter den festgelegten Preisobergrenzen liegen.

Das Sanktionspaket der EU gegen die Einfuhr, den Transport und den Handel mit Mineralöl und Mineralölprodukten aus Russland hat erhebliche Auswirkungen auf den internationalen Ölmarkt. Bemerkenswert ist, dass die durch das Sanktionspaket verursachten deutlichen Lieferrückgänge nicht zu Versorgungsengpässen geführt haben und durch Lieferungen aus anderen Ländern oder Regionen ersetzt werden konnten. Die weltweite Verflechtung des Ölhandels, die Sicherstellung der europäischen Versorgung und Versuche Russlands, die Exporte in die EU durch Lieferungen in andere Länder zu kompensieren, lassen jedoch eine stetige Marktbeobachtung ratsam erscheinen.

Deutschland ordnet Lieferquellen neu

Die Versorgung Deutschlands mit importiertem Rohöl basierte 2021 zu 34,1 % und 2022 zu 25,4 % auf Lieferungen aus Russland. Russland war in der Vergangenheit mit weitem Abstand der wichtigste Rohöllieferant für Deutschland. Das EU-Sanktionspaket sorgte 2023 für einen abrupten Rückgang der Lieferungen bis auf eine marginale Restgröße. Ein Versorgungsengpass konnte jedoch abgewendet werden, weil unter anderem der inländische Mineralölverbrauch 2023 konjunkturbedingt um rund 5 % auf 88,4 Mio. t zurückging. Auf längere Sicht ist dagegen vor allem die Ausrichtung auf neue Lieferländer und die veränderte Bedeutung der einzelnen Rohöllieferanten bedeutsam.

2023 importierte Deutschland 77,2 Mio. t Rohöl. Die USA rückten an die Spitze der Rohöllieferanten für Deutschland. Im Vergleich zu 2021 erhöhte sich der Import aus den USA um mehr als 38 % auf 14,2 Mio. t. Knapp dahinter mit 13,8 Mio. t rangierte Norwegen, das im Vergleich zu 2021 seine Menge um über 76 % steigern konnte. Gewachsen sind auch die Importe aus Libyen, Saudi-Arabien und dem Irak sowie Großbritannien und Kasachstan. Neu oder von einem sehr niedrigen Niveau starteten Guyana, die Vereinigten Arabischen Emirate sowie Kanada. Der Ersatz von Öllieferungen aus Russland führte damit nicht zu neuen einseitigen Abhängigkeiten, sondern zu einer größeren Diversifikation der deutschen Rohölbezüge (Abb. 1).

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