Ausblick in eine schwierige Zeit

Dr. Sebastian Schulte, Vorstandsvorsitzender, DEUTZ AG, Köln

Dr. Sebastian Schulte, Vorstandsvorsitzender, DEUTZ AG, Köln (Quelle: RheinEnergie AG)

„et“: Mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine ist nichts mehr, wie es war. Die geopolitischen Folgen sind auch hierzulande spürbar. Wie sehen Sie die Lage?

Sett: 70 % unserer Wohneinheiten werden mit Erdgas beheizt. Die Erdgaspreise, die wir in diesem Jahr zahlen, basieren noch auf Einkäufen aus dem letzten Jahr. Wir erwarten auf Basis unserer Energielieferungs-Verträge einen starken Preisanstieg in 2023, weil die Einkäufe dafür in diesem Jahr stattfinden. Sorgen bereitet uns die Frage, wie unsere Mieter mit mittleren und niedrigen Einkommen diese Preissteigerungen neben erhöhten Strompreisen und Benzin/Dieselpreisen stemmen können. Das Entlastungspaket der Bundesregierung, ein einmaliger Heizkostenzuschuss, ist nur ein erster notwendiger Schritt. Es besteht von Seiten der Vermieter das Erfordernis, die Nebenkosten-Vorauszahlungen jetzt schon bei unseren Mietern anzupassen, damit jeden Monat etwas zugeführt wird und im nächsten Jahr nicht dramatisch hohe Nachzahlungen auf diese zukommen – eine Maßnahme, die in der jetzigen Situation grundsätzlich auf Akzeptanz stößt.

Schulte: Auf unserer Absatzseite haben wir ein ganz geringes Exposure in der Ukraine, in Russland und Weißrussland. Wo wir aber jetzt schon Wirkungen mitbekommen, ist auf der Logistikseite. Wir haben ein großes Standbein in China, wo wir nach der Suezkanalkrise im letzten Jahr sehr viel auf die Schiene verlagert hatten. Mit Ausbruch des Krieges ist dieser Weg versperrt und wir müssen alles wieder über die Seeroute abwickeln. Das dauert länger und kostet auch mehr. Die größten Auswirkungen gibt es in der Lieferkette. Bei Energiekostenanteilen bestimmter Komponenten unserer Produkte von 70-80 % sowie Knappheit von LKW-Fahrern, die zum großen Teil aus der Ukraine und Russland kommen, schlägt sich das stark in den Preisen für Energie und Logistik nieder. Hier spüren wir aber erst den Anfang.

Steinkamp: Das Thema Preisentwicklung betrifft nicht nur die Privathaushalte, sondern auch die Industrie. Wir gehen davon aus, dass die Energiepreise nicht wieder auf das Niveau vor anderthalb Jahren sinken werden. Die stark steigenden Preise sind ja nicht nur dem Ukrainekrieg geschuldet, sondern haben generell mit Knappheiten zu tun. Die Lage wird sich noch verschärfen, wenn wir, wie politisch beschlossen, unsere Energieabhängigkeit von Russland so schnell wie möglich deutlich reduzieren wollen. Zur Bewältigung in ökonomischer Hinsicht werden wir auf jeden Fall die soziale Komponente mitdenken müssen.

Es ist vor diesem Hintergrund auf jeden Fall ratsam, alles zu tun, um die Energieverbräuche zu senken. Gleichzeitig sollten unsere Kunden darüber nachdenken, ob sie nicht bereits jetzt ihre monatlichen Abschläge auf die Rechnung schon erhöhen, damit im nächsten Jahr keine Schockwirkung eintritt. Energieversorgungssicherheit, also die Sicherung der Mengen für die Zukunft, ist momentan für die gesamte Branche die größte Herausforderung. Ein Totalausfall, egal ob Embargo oder Lieferstopp, wäre für uns alle eine Katastrophe.

„et“: Vielen Dank für die Diskussion.

„Unsere Anwendungen sind generell von den Leistungsanforderungen her sehr unterschiedlich. Daher müssen wir technologieoffen agieren, um die optimale Lösung für den jeweiligen Kundenbedarf anbieten zu können. Ein Beispiel ist unserer innovativer Wasserstoffmotor, der auf der Basis des 7,8 l Dieselmotors entwickelt worden ist. Für diesen Motor sind viele Anwendungsmöglichkeiten denkbar. Ob als grüner Erzeuger in der Industrie oder in einem Rechenzentrum oder als mobiler Stromerzeuger bei Openair-Festivals, in Regionalzügen oder Mobilanwendungen in Baumaschinen etc. Und natürlich auch als Baustein eines klimaneutralen Quartiers. Gemeinsam mit der RheinEnergie setzen wir ihn in einem GenSet, einem mobilen Stromerzeugungsgerät, ein.“

Dr. Sebastian Schulte, Vorstandsvorsitzender, DEUTZ AG, Köln
 

„et“-Redaktion
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