Auswirkungen der Preisentwicklungen auf Haushalte und Industrie

Preisentwicklung Energieträger: Abb. 3 Mögliche Entwicklung der Großhandelsstrompreise in Deutschland

Abb. 3 Mögliche Entwicklung der Großhandelsstrompreise in Deutschland Quellen: [1, 5]

Preisentwicklung Energieträger: Abb. 4 Vergleich von Emissionen im Energiesektor mit dem sektoralen Klimaziel

Abb. 4 Vergleich von Emissionen im Energiesektor mit dem sektoralen Klimaziel Quelle: [6]

Das historische Niveau des deutschen jährlichen Day Ahead-Preises lag bis zum Jahr 2021 etwa zwischen 30 und 50 €/MWh [5]. Mit dem deutlichen Anstieg des Gaspreises im Jahr 2021 sowie im Verlauf des Jahres 2022 stieg auch der Strompreis auf Rekordniveau. Gegenüber den hohen Preisen des letzten Jahres sinkt das Preisniveau in allen Szenarien mittelfristig deutlich. Beim Vergleich mit dem langjährigen historischen Mittel hingegen weisen die Szenarioergebnisse auf einen Anstieg des Preisniveaus hin.

Aus den Ergebnissen lässt sich ableiten, dass jede Szenarioausprägung signifikante Auswirkungen auf die Höhe des Großhandelsstrompreises hat. EE-Anlagen haben grundsätzlich einen preissenkenden Effekt, da die zugrundeliegenden Erzeugungskosten marginal sind und ein geringerer Einsatz konventioneller Kraftwerke erforderlich ist. Hohe Brennstoffkosten und eine hohe Nachfrage hingegen haben eher einen preiserhöhenden Effekt, da spezifische Erzeugungskosten sowie die insgesamt erzeugte Strommenge steigen.

Entsprechend resultieren mit 132 €/MWh (2026) bzw. 135 €/MWh (2030) die höchsten Preise in dem Szenario, in welchem sich die preiserhöhenden Effekte überlagern (hEL-oRU-mEE). Die Überlagerung der preissenkenden Ausprägungen, moderate Elektrifizierung, niedrige Verfügbarkeit russischer Energieträger sowie ein hoher EE-Ausbau führen hingegen zum niedrigsten Preisniveau mit 79 €/MWh (2026) bzw. 52 €/MWh (2030) (Abb. 3). Die große Bandbreite an Preisen insbesondere im Jahr 2030 unterstreicht die Abhängigkeit der Preisentwicklung von den variierten Größen sowie das Ausmaß der Unsicherheit über die Preisentwicklung.

Neben den Auswirkungen auf das Preisniveau haben die untersuchten Unsicherheiten auch einen großen Effekt auf die Erreichung des sektoralen Emissionsziels des Klimaschutzgesetzes (Abb. 4). Dieses beträgt für das Jahr 2030 im Energiesektor 108 Mt. CO2äq [6]. Durch die größeren Einsatzzeiten von konventionellen Kraftwerken im Fall einer hohen Elektrifizierung und eines moderaten EE-Ausbaus (hEL-oRU-mEE) entstehen hohe Emissionen, sodass das sektorale Klimaziel laut den Modellrechnungen um 37 Mt. CO2äq. verfehlt würde. Die niedrigsten Emissionen hingegen treten im Szenario mEL-nRU-hEE auf, da es hier zu den geringsten Einsatzzeiten konventioneller Kraftwerke, insbesondere von Kohlekraftwerken, kommt.

Auf Basis der zuvor ermittelten Preisentwicklungen werden im EWI-Gutachten szenarienspezifische Implikationen für die Industrie und den Haushaltssektor abgeleitet. Eine wesentliche Erkenntnis hinsichtlich der Auswirkungen auf die Industrie betrifft die internationale Wettbewerbsfähigkeit. So könnten durch die mittelfristigen Preisanstiege in Europa starke Wettbewerbsnachteile entstehen, welche den Industriestandort Deutschland unter großen Druck setzen können. Dies betrifft vor allem Branchen, deren spezifische Energieintensität (Kosten für Energie je Bruttowertschöpfung) besonders hoch sind, beispielsweise Zweige der Grundstoffindustrie. Sollten die Preisdifferenzen zwischen Europa und anderen Standorten mittelfristig bestehen bleiben, entstehen Anreize, Produktionsstandorte zu verlagern.

Hinsichtlich der Auswirkungen auf Haushalte zeigt die Analyse, dass insbesondere einkommensschwache Haushalte von Preissteigerungen betroffen sind. Trotz eines i.d.R. niedrigeren Grundverbrauchs von einkommensschwachen Haushalten haben die Preissteigerungen aufgrund des niedrigen Einkommens einen größeren Effekt als bei Haushalten mit hohen Einkommen. Zudem muss berücksichtigt werden, dass die Anpassungsmöglichkeiten, etwa der Austausch einer Heizungsanlage oder die Installation einer PV-Anlage, vor allem bei weniger vermögenden Haushalten stark beschränkt sind. Vor diesem Hintergrund gewinnt die Frage der Sozialverträglichkeit energiepolitischer Entscheidungen insbesondere in den Szenarien mit starken Preisanstiegen an Bedeutung.

Quellen

[1] EWI (2022) – Szenarien für die Preisentwicklung von Energieträgern. URL: https://www.ewi.uni-koeln.de

[2] Eurostat (2022) – Imports of natural gas by partner country – monthly data. URL: https://ec.europa.eu/  (05.07.2022)

[3] Tradingeconomics – EU Natural Gas. URL: https://tradingeconomics.com/commodity/eu-natural-gas  (17.01.2023)

[4] EEX – EEX TTF Natural Gas Futures. URL: https://www.eex.com/en/market-data/natural-gas/futures (25.01.2023)

[5] Energy-Charts – Jährliche Börsenpreise in Deutschland. URL: https://www.energy-charts.info. (17.01.2023)

[6] Bundesministerium der Justiz - Bundes-Klimaschutzgesetz. URL: https://www.gesetze-im-internet.de/ksg/ (17.01.2023)

Julian Keutz und Max Gierkink, Energiewirtschaftliches Institut an der Universität zu Köln; Ansprechpartner: julian.keutz@ewi.uni-koeln.de

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