Entwicklung des europäischen Gasmarktes und der Gaspreise in Europa

Preisentwicklung Energieträger: Abb. 1 Szenarienbaum auf Basis zentraler Unsicherheiten

Abb. 1 Szenarienbaum auf Basis zentraler Unsicherheiten (Quelle: EWI)

Preisentwicklung Energieträger: Abb. 2 Mögliche Entwicklung der Gaspreise in Europa

Abb. 2 Mögliche Entwicklung der Gaspreise in Europa (Quellen: [1, 3, 4])

Bereits mit dem Ende des Jahres 2021 stieg der Großhandelspreis für Erdgas am niederländischen TTF-Handelspunkt mit 180 €/MWh in der Spitze auf ein hohes Niveau. Mit dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 hat sich die Versorgungssituation im europäischen Gasmarkt grundlegend geändert. Die zunehmende Unsicherheit über die Verfügbarkeit russischer Importmengen und daraus resultierender potenzieller Versorgungsengpässe führte zu hoher Preisvolatilität und einem insgesamt hohen Preisniveau. Im August 2022 ergaben sich in der Spitze Preise von 339 €/MWh [3]. Abb. 2 zeigt das historische Preisniveau, die Futurepreise für die Jahre 2023 bis 2025 sowie die szenarienspezifischen Ergebnisse der Gasmarktmodellierung für die Jahre 2026 und 2030.

Die Bandbreite von Ergebnissen indiziert, dass das mittelfristige Preisniveau (2026 bis 2030) gegenüber den hohen Preisen des Vorjahres deutlich sinkt, gegenüber dem langjährigen historischen Mittel jedoch auf hohem Niveau verbleibt. Aufgrund des im Zeitverlauf sinkenden Gasverbrauchs bei gleichzeitig zunehmenden LNG-Kapazitäten resultieren höhere Preise im Jahr 2026 als im Jahr 2030. Grundsätzlich muss berücksichtigt werden, dass die Ergebnisse stark von der Höhe des angenommenen Ausbaus an LNG-Infrastruktur abhängig sind. Um die Auswirkungen dieser Unsicherheit zu untersuchen, wird im Gutachten des EWI [1] zusätzlich eine Preisspanne in Abhängigkeit des LNG-Kapazitätszubaus ermittelt.

Die Szenarioergebnisse zeigen, dass 2026 sowohl die Höhe der Gasnachfrage als auch die Verfügbarkeit russischer Energieträger einen großen Einfluss auf das Preisniveau haben. Bei konstanter Gasnachfrage und fehlender Verfügbarkeit russischer Energieträger (mEL-oRU) resultiert ein Preis von 66 €/MWh, welcher deutlich über dem historischen Mittel liegt. Bei moderater Gasnachfrage (hEL-oRU) ergibt sich ein Preis von 43 €/MWh. Der etwa ein Drittel niedrigere Preis in diesem Szenario weist auf die Bedeutung der Höhe des Gasverbrauchs in der mittleren Frist hin.

Im Jahr 2030 resultiert lediglich der kombinierte Effekt aus konstanter Gasnachfrage und fehlender Verfügbarkeit russischer Energieträger (mEL-oRU) in einem Gaspreisniveau, welches deutlich über dem historischen Mittel liegt. In den Szenarien mit sinkender Gasnachfrage (hEL) stellen sich im Jahr 2030 mit 22 €/MWh (hEL-oRU) und 18 €/MWh (hEL-nRU) Gaspreise ein, die mit dem Preisniveau des TTF 2018 vergleichbar sind.

Neben den Analysen zur möglichen Entwicklung des Preisniveaus werden im Rahmen des EWI-Gutachtens auch Implikationen für die Importstruktur untersucht. Im Falle einer niedrigen Verfügbarkeit russischer Energieträger (nRU) sinken die Gaslieferungen Russlands in die EU27+UK im Jahr 2026 auf 75 Mrd. m3, was in etwa einer Halbierung der russischen Importe gegenüber 2021 entspricht. Bis 2030 fallen die Importe weiter auf 59 Mrd. m3. Die Reduktion russischer Gasimporte kann zum Teil durch einen Rückgang der Gasnachfrage und eine deutliche Steigerung von LNG-Importen, insbesondere aus den USA, kompensiert werden.

In den Szenarien ohne Verfügbarkeit russischer Rohstoffe steigt die Bedeutung der USA weiter: Hier liegt der Anteil von LNG aus den USA bei bis zu 35 % der Gesamtgasimporte in die EU27+UK. Dies lässt die USA zum größten LNG-Lieferanten für den europäischen Raum werden, gefolgt von Katar. In diesem Fall würde die aktuell starke Abhängigkeit von Russland folglich teilweise durch eine wachsende Abhängigkeit von den USA abgelöst werden. Neben weltweit steigenden LNG-Kapazitäten erfolgen in Nordwesteuropa umfangreiche Investitionen in Regasifizierungsterminals bis zum Jahr 2026. Mit einer Gesamtkapazität von 25 Mrd. m3 /a macht Deutschland dabei rund die Hälfte der zugebauten Verflüssigungskapazität aus, gefolgt von den Niederlanden.

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