Im Transformationsprozess des Energiesystems besteht Bedarf nach einer einheitlichen Definition des Begriffs Netzdienlichkeit

Im Transformationsprozess des Energiesystems besteht Bedarf nach einer einheitlichen Definition des Begriffs Netzdienlichkeit (Quelle: Adobe Stock)

Mit der zunehmenden Digitalisierung im Energiesystem können neue Verbraucher, wie beispielsweise Elektrofahrzeuge und dezentrale Erzeuger, zukünftig flexibel gesteuert werden. Die „Flexibilität beschreibt die technische Fähigkeit einer Anlage, die aktuelle und/oder prognostizierte Leistung [P, Q] zu verändern“ [1]. Hierdurch werden neue Betriebsweisen (z. B. preisorientiert) sowie auch eine Überwachung oder Steuerung durch die Netzbetreiber ermöglicht. Aufgrund dieser Entwicklungen eröffnet sich die Frage, ob oder wann eine Anlage (hier: Verbraucher, Erzeuger oder Speicher) netzdienlich ist.

Abgrenzung zu Netzverträglichkeit und Systemdienlichkeit

Das Stromnetz kann in Verteil- und Übertragungsnetz aufgeteilt werden. Das Verteilnetz, zu dem die Nieder-, Mittel- und Hochspannung gehören, obliegt der Verantwortung eines Verteilnetzbetreibers (VNB). Für das Übertragungsnetz, zu dem die Höchstspannung gezählt wird, ist ein Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) zuständig. Bei der Definition von Netzdienlichkeit müssen sowohl die aus den Netzebenen stammenden unterschiedlichen Zuständigkeiten als auch potenzielle Wechselwirkungen zwischen den Netzebenen berücksichtigt werden.

Durch eine Literaturrecherche, mit einem Fokus auf den deutschsprachigen Raum, wurde festgestellt, dass neben dem Begriff Netzdienlichkeit auch häufig die Begriffe Netzverträglichkeit und Systemverträglichkeit verwendet werden. Diese wurden überwiegend in eine hierarchische Beziehung zur Netzdienlichkeit gesetzt, wonach Netzverträglichkeit die Grundlage für Netzdienlichkeit und Netzdienlichkeit die Grundlage für Systemdienlichkeit darstellt [2], [3].

Netzverträglichkeit wird als Grundvoraussetzung für den Anschluss einer Anlage an das öffentliche Stromversorgungsnetz definiert [4], [2]. Ein systemdienlicher Anlageneinsatz trägt weiterhin zum Erhalt der Systemstabilität bei und wird in erster Linie durch Übertragungsnetzbetreiber initiiert (ÜNB), welche nach § 13 EnWG zur Wahrung der Systemverantwortung verpflichtet sind [5], [6]. Maßnahmen zur Wahrung der Systemverantwortung umfassen dabei die Systemdienstleistungen Frequenzhaltung, Spannungshaltung, Betriebsführung und den Versorgungswiederaufbau. Im Rahmen der Betriebsführung können weiterhin Netzengpassmanagementmaßnahmen durchgeführt werden, zu denen nach Ausschöpfen von netz- und marktbezogenen Maßnahmen Anpassungsmaßnahmen zählen, wie es das Einspeisemanagement (EinsMan) darstellt [7]. Da nach § 14 EnWG auch Verteilnetzbetreiber zur Durchführung von Einspeisemanagement berechtigt sind, kann es demnach auch durch VNB initiierten, systemdienlichen Anlageneinsatz geben. Hieraus wird abgeleitet, dass bei der Einordnung der Begrifflichkeiten keine klare Linie zwischen ÜNB und VNB gezogen werden und dementsprechend auch netzdienliches Anlagenverhalten durch beide initiiert werden kann.

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