Windenergieanlage und Kraftwerk

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Eingängige Thesen bedürfen der sorgfältigen Prüfung, damit die Versorgung sicher und der Klimaschutz effizient bleibt.

Meinung: Wir haben Strom im Überfluss.

Fakten: Übers Jahr gesehen produzieren wir in Deutschland derzeit mehr Strom als wir verbrauchen. Daher übersteigen die Exporte die Importe an Strom. Aber es kommt nicht auf die Strommenge an, sondern darauf, den Strombedarf auch zu jeder Zeit zu decken. Derzeit reichen unsere Stromerzeugungskapazitäten dafür aus. Deshalb ist unsere Versorgung sicher. Aber: Deutschland steigt aus der Nutzung der Kernenergie aus, Braunkohlenkraftwerke gehen in die Sicherheitsbereitschaft und werden nach einem Zeitraum von vier Jahren endgültig stillgelegt, weitere Kraftwerke sollen laut Ankündigung ihrer Betreiber vom Netz genommen werden. Da auch die Stromerzeugungskapazitäten in unseren Nachbarländern tendenziell knapp werden, steigt das Risiko, dass es ab Anfang der 2020er Jahre zu Engpässen kommt. Mit jedem Kraftwerksblock, der zusätzlich stillgelegt wird, steigt das Risiko weiter an, dass die Versorgung eben nicht mehr rund um die Uhr und bei jeder Wetterlage gewährleistet ist.    

Meinung: Kohlekraftwerke müssen stillgelegt werden, um Platz für erneuerbare Energien zu machen.

Fakten: Strom aus erneuerbaren Energien genießt eine gesetzlich geregelte vorrangige Netzeinspeisung. Der Zubau von Erzeugungsanlagen für Strom aus erneuerbaren Quellen ist ebenfalls gesetzlich geregelt. Der Betrieb von Kohlekraftwerken hat keinen Einfluss auf den Ausbau und die Nutzung der erneuerbaren Energien. Die Netze sind der Engpass – und zwar dort, wo die Erneuerbaren stehen, nicht an den Standorten der Kohlenkraftwerke.

Meinung: Der Stromsektor muss dazu beitragen, die Ziele der Pariser Klimakonferenz von 2015 zu erfüllen.

Fakten: Die EU hat sich in Paris dazu verpflichtet, die Treibhausgas-Emissionen der EU bis 2030 um 40 % gegenüber dem Stand von 1990 zu senken. Die CO2-Emissionen der Industrie und der Energiewirtschaft werden über das europäische Emissionshandelssystem (ETS) begrenzt und im Einklang mit dem 40%-Ziel ab 2021 pro Jahr um mehr als 2% reduziert. Für ihre Emissionen müssen die dem Emissionshandel unterstellten Anlagen und Kraftwerke Emissionszertifikate erwerben, die nach Gebrauch aus den nationalen Emissionsregistern gestrichen werden. Der europäische Emissionshandel ist das einzige Klimaschutzinstrument, das eine Zielerreichung verlässlich sichert. Zusätzliche nationale Maßnahmen für Kraftwerke sind überflüssig.  

Meinung: Klimaziele erfordern einen Ausstieg aus der Kohle bis 2030.

Fakten: Ein nationaler Kohleausstieg hebelt das europäische Emissionshandelssystem aus und unterläuft die europäische Klimaschutzpolitik. Wenn deutsche Kohlenkraftwerke außer Betrieb gesetzt werden, muss mehr Strom aus den Nachbarländern importiert werden, zum Beispiel aus Kernkraftwerken in Frankreich und Belgien oder Kohlekraftwerken in Polen und Tschechien. Die EU-weiten CO2-Emissionen werden damit nicht vermindert, wohl aber die Sicherheit der deutschen Stromversorgung.

Meinung: Der Ausstieg aus der Braunkohle ist für den Klimaschutz unverzichtbar.

Fakten: Bei einem nationalen Ausstieg aus der Braunkohle wird entweder mehr Strom importiert oder mehr Strom aus Erdgas erzeugt. Auch die Braunkohle fällt unter den europäischen Emissionshandel. Und im Einklang mit der Emissionsobergrenze wird daher auch die Braunkohleverstromung im Zeitverlauf zurückgehen. Ein Weiterso wie bisher lässt der Emissionshandel nicht zu. Ein massiver Ausbau der Erdgasverstromung in Deutschland vernachlässigt zudem die Emissionen von CO2 und Methan, die bei der Förderung und beim Transport von Import-Erdgas außerhalb der EU entstehen.  Diese werden nicht durch das europäische Emissionshandelssystem begrenzt. Gleichzeitig wächst die Abhängigkeit von importierten Energieträgern erheblich.

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