Für ein erfolgreiches Netzgeschäft ist ein operatives Netzcontrolling zur Bewertung und Steuerung der Werttreiber im Netzgeschäft erforderlich

Für ein erfolgreiches Netzgeschäft ist ein operatives Netzcontrolling zur Bewertung und Steuerung der Werttreiber im Netzgeschäft erforderlich (Bildquelle: Martin Heinrichs)

Im ersten Teil der Artikelserie zum Thema Netzcontrolling wurden in der ew 6/2019 sowohl die Intention zum Aufbau eines operativen Netzcontrollings als auch die Werttreiber Asset- und Regulierungsmanagement beschrieben. Im vorliegenden zweiten Teil stehen die Werttreiber Kosten-, Finanz- und Bilanzmanagement sowie der Steuerungsprozess im Fokus.

Kostenmanagement

Das Kostenmanagement lässt sich in die Dimensionen Kostenniveau-, Kostenverlaufs- und Kostenstrukturmanagement unterteilen.

Im Rahmen der Anreizregulierung zielt das Kostenniveaumanagement vor allem auf eine Senkung derjenigen Kosten, die nicht im Rahmen von Kostenprüfung und Effizienzvergleich als betriebsnotwendig anerkannt wurden. Instrumente der Kostensenkung sind in diesem Zusammenhang unter anderem Maßnahmen zur Realisierung von Synergiepotenzialen. Beispiele hierfür sind Kooperationen mit anderen Netzbetreibern im Rahmen der Rekommunalisierung und Netzausgründung oder die Bildung von Einkaufsgemeinschaften. Auch die Optimierung der internen Prozesse, wie die Erhöhung des Automatisierungsgrads im Rechnungswesen oder der Einsatz von Smartphones bei der Auftragserfüllung, können zur Kostensenkung beitragen.

Weiterhin ist bei Dienstleistungen zwischen verbundenen Unternehmen eine wettbewerbliche Gestaltung zu beachten. So dürfen Dienstleistungskosten sowohl im Konzern als auch von externen Dienstleistern laut § 4 Strom-/GasNEV in der Kostenprüfung maximal in derjenigen Höhe angesetzt werden, wie sie anfallen würden, wenn der Netzbetreiber die jeweiligen Leistungen selbst erbringen würde. Ein geeignetes Instrument des Kostencontrollings kann zum Beispiel die regelmäßige Teilnahme an Benchmarks sein. Zentraler Erfolgsparameter von Benchmarks im regulierten Bereich ist die Auswahl geeigneter Vergleichsprozesse/-unternehmen.

Das Kostenverlaufsmanagement konzentriert sich auf die Entwicklung der Kosten im Zeitverlauf, zum Beispiel innerhalb einer Regulierungsperiode im Vergleich zum Ausgangsniveau. Aufgrund der Effizienzvorgaben der Anreizregulierung sollten Einsparpotenziale untersucht werden, um dem sinkenden Erlöspfad der Regulierung zu folgen. Inwieweit durch ergriffene Maßnahmen die gewünschten Einsparpotenziale realisiert wurden, sollte nachgehalten werden. Für Kosten, die nicht eingespart werden können, sind geeignete Argumentationslinien gegenüber der Regulierungsbehörde aufzubauen, die sachliche Begründungen für die Betriebsnotwendigkeit und Nachhaltigkeit der Kosten liefern.

Das Management der Kostenstruktur fokussiert sich auf die optimale Gestaltung der einzelnen Kostenkategorien, wie direkt zugeordnete Kosten und geschlüsselte Gemeinkosten, die Höhe aktivierter Eigenleistungen, die Unterteilung in operative Kosten (Opex) und Kapitalkosten (Capex) sowie die Zuordnung der Kosten zu den dauerhaft nicht beeinflussbaren Kosten laut § 11 Abs. 2 ARegV. Alle Kostenkategorien werden in der Netzregulierung unterschiedlich behandelt. Daher ist eine genaue und zielgerichtete Kostenzuordnung erforderlich. So werden Capex jährlich im Rahmen des Kapitalkostenaufschlags laut § 10a ARegV angepasst, Opex hingegen werden im Basisjahr für die Dauer der kommenden Regulierungsperiode festgelegt. Eine dahingehend optimierte Aktivierungspolitik in Abstimmung mit dem Asset-Management ist ein Beispiel für eine konkrete Maßnahme des Kostenstrukturmanagements im regulierten Netzbetrieb.

Finanzmanagement

Die Aufgabe des Finanzmanagements ist die regulatorisch optimierte Planung, Steuerung und Kontrolle aller betrieblichen Zahlungsströme sowie der handelsrechtlichen und kalkulatorischen Kapitalstruktur des Netzbetreibers.

Im Rahmen der Kostenprüfung wird die kalkulatorische Bilanz auf Basis der handelsrechtlichen Bilanz nach Anpassung des Anlagevermögens und der Baukostenzuschüsse/Netzanschlusskostenbeiträge aufgrund der regulatorisch vorgegebenen Nutzungsdauern oder Auflösungszeiträumen erstellt. Die kalkulatorische Bilanz bildet die Grundlage für die Ermittlung der Eigenkapitalverzinsung, die in die Kostenbasis zur Bestimmung der Erlösobergrenze einfließt. Eine optimierte kalkulatorische Bilanz liegt grundsätzlich bei einer Kapitalausstattung von 40 % Eigenkapital und 60 % Fremdkapital vor. Nur auf die als optimal angesehene Quote von bis zu 40 % Eigenkapital werden die höheren Eigenkapitalzinssätze (EK-Zins I nach § 7 Abs. 6 Strom-/GasNEV) gewährt. Falls die kalkulatorische Eigenkapitalquote höher ist als 40 %, wird das übersteigende Eigenkapital mit einem niedrigeren Zinssatz (EK-Zins II nach § 7 Abs. 7 Strom-/GasNEV) vergütet. Dieser orientiert sich an dem allgemeinen Zinsniveau zur Fremdfinanzierung. Zusätzlich zur Eigenkapitalverzinsung, die zu den Capex gehört, wird der Zinsaufwand für langfristige Verbindlichkeiten als Opex in der Kostenbasis anerkannt.

Bei der Gestaltung der Finanzierungsstruktur müssen einerseits die Entwicklung der Marktzinssätze sowie andererseits die Festlegung der Eigenkapitalzinssätze für die Dauer einer Regulierungsperiode berücksichtigt werden. Falls der EK-Zins II unter das aktuelle Zinsniveau fällt, sollte eine kalkulatorische Eigenkapitalquote von über 40 % vermieden werden. Dieser Zusammenhang könnte in der kommenden vierten Regulierungsperiode (beginnt im Jahr 2023 für Gas und im Jahr 2024 für Strom) relevant werden, für die verschiedene Marktbeobachter einen Wertkorridor für den EK-Zins II zwischen 1,0 und 1,4 % prognostizieren. Diese Prognosen unterschreiten teilweise das aktuelle und in der Tendenz steigende Zinsniveau. Pauschale Empfehlungen sind jedoch nicht möglich. In der unternehmerischen Gesamtplanung müssen die Opportunitätskosten, also die Kosten für die Bereitstellung von Eigenkapital, berücksichtigt werden. Es zeichnet sich jedoch ab, dass die Frage nach der optimalen Finanzierung des Netzbetriebs künftig stärker in den unternehmerischen Fokus rücken wird.

In Querverbundunternehmen können Zahlungsströme oft nicht direkt je Netzsparte gesteuert werden. In diesen Fällen ist eine direkte Abstimmung oder eine enge Verzahnung mit dem Bilanzmanagement unerlässlich. Die regulatorische Bilanz und die Ermittlung der EK-Verzinsung sollten gleichzeitig mit Aufstellung des Jahresabschlusses erfolgen, spätestens jedoch mit dem Spartenabschluss. Dadurch können Unstimmigkeiten oder negative Auswirkungen noch rechtzeitig erkannt und gegebenenfalls erhoben werden.

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