Die Idee für den FlexIndex ist bei der Trianel GmbH durch die intensive Beschäftigung mit dem Intrayday-Handel gekommen. (Quelle: Trianel GmbH)
Herr Leuthold, Herr Oberreuter, wie lange ist die Idee bei Trianel zur Etablierung eines Index für Flexibilität gereift? Was gab den Ausschlag für die Umsetzung?
Oberreuter: Die Idee für den FlexIndex ist uns durch die intensive Beschäftigung mit dem Intrayday-Handel gekommen. Hier haben wir eine Dynamik erkannt, die wir mathematisch und nah am Markt fassen wollten. Denn am Ende ist das Thema Flexibilität in aller Munde, aber sie war schwer greifbar. Mit unserem Index haben wir bewusst auf eine Kombination von sechs Indikatoren gesetzt, die wir über das Jahr mitteln, um saisonale Effekte zu glätten.
Leuthold: Der FlexIndex bietet eine gute Berechnungsgrundlage, um Investitionen in Flexibiliätsprojekte marktlich bewerten zu können. Im Trianel-Netzwerk FlexStore nutzen wir die Datengrundlagen vom FlexIndex zum Beispiel, um die Wirtschaftlichkeit von Speichern zu berechnen. Uns hat aber vor allem gereizt, dem Thema Flexibilität eine Kennzahl zu geben, die die Entwicklung der Volatilität der Strommärkte spiegelt – ähnlich wie der Dax täglich die Entwicklung der Aktienmärkte abbildet.
Sie stellen jedoch fest, dass aus dem Markt noch zu wenig Impulse kommen, unter anderem um Investitionen anzureizen. Werden die Potenziale überschätzt oder ist die Zeit noch nicht reif?
Oberreuter: Wir haben den Index entwickelt, um die Marktentwicklung für Flexibilität transparenter zu machen und die Preisentwicklung von Flexibilität zu spiegeln. Der energiewirtschaftlich schon fast zum Allgemeinplatz gewordene These, dass in einem von erneuerbaren Energien geprägten System Flexibilitätsoptionen wie Speicher, Demand-Side-Management und auch Wasserstoff zunehmend wichtiger werden, geben wir mit dem FlexIndex eine Kennzahl. Der zunehmende Wert von Flexibilität zeigt sich schon heute an den Kurzfristmärkten. Hier wächst seit Jahren nicht nur das Volumen der gehandelten Mengen, sondern auch die Volatilität der Preise. Seit dem Basisjahr 2017 hat sich der Wert des FlexIndex fast verdoppelt, genauso wie das Handelsvolumen.
Leuthold: Dass Flexibilität in einem von erneuerbaren Energien geprägten Markt immer wichtiger wird und damit auch interessant für Investitionen ist, zeigt der FlexIndex ganz deutlich. Solange die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien zu jeder Zeit deutlich unterhalb des Strombedarfs lag, stand ausreichend konventionelle Erzeugung zur Stabilisierung des Systems zur Verfügung. Die Anreize, sich um Flexibilitätsoptionen zu kümmern, waren begrenzt. Steigt der Anteil der fluktuierenden Stromerzeugung aus Wind- und Solarenergie über eine Grenze von rund 50 % am Jahresstrombedarf, gibt es zunehmend Volatilität auf den Strommärkten. Damit steigt der Wert von Flexibilität.
Der schlafende Riese der Flexibilität ist das Demand-Side-Management. Batterien in Elektrofahrzeugen werden dieses Potenzial noch deutlich erhöhen. Mit dem nun erreichten Wendepunkt bei der Erzeugungsstruktur gewinnt das Thema auch aus Investorensicht zunehmend an Bedeutung. Die nächsten Jahre werden zudem mit Blick auf die politischen Veränderungen in Richtung Strommarktdesign und Förderregime spannend sein. Der Markt zeigt über den FlexIndex schon heute, dass Flexibilität einen steigenden Marktwert hat und damit Investitionsanreize setzt. Ab wann diese ausreichend sind, werden wir sehen.
Wie hoch ist der Einfluss der erneuerbaren Energien aktuell bereits auf den Index?
Leuthold: Im Moment sind die Volatilitäten vor allem vom Erdgaspreis getrieben. Dieser Aspekt ist derzeit dominant und hat mit den erneuerbaren Energien nichts zu tun.
Oberreuter: Außerdem ist die hohe Spread-Differenz zwischen Kohle- und Gas-Kraftwerken von Bedeutung. Hier liegen die Unterscheide nicht wie noch vor etwa einem Jahr bei rund 10 €/MWh, sondern da reden wir aktuell über 100 €/MWh und mehr. Aber diese Differenzen beeinflussen ebenso den Wert von Flexibilität. Wie sich dies weiterentwickelt, muss man abwarten.