In welche der möglichen Flexibilitätsoptionen lohnt sich eine Investition?

Matthias Leuthold, Leiter des FlexStore bei Trianel: Wir haben nicht den Anspruch, dass der FlexIndex Investitionen in die eine oder andere Technologie lenken soll.

Matthias Leuthold, Leiter des FlexStore bei Trianel: Wir haben nicht den Anspruch, dass der FlexIndex Investitionen in die eine oder andere Technologie lenken soll. (Quelle: Trianel GmbH)

Inwieweit erhalten potenzielle Investoren konkrete Erkenntnisse darüber, in welche der möglichen Flexibilitätsoptionen sich eine Investition lohnt?

Leuthold: Wir haben nicht den Anspruch, dass der FlexIndex Investitionen in die eine oder andere Technologie lenken soll. Er zeigt Investoren technologieunabhängig an, wie sich die Volatilität der Strommärkte und damit der Bedarf von Flexibilität entwickelt. Investoren bekommen hier einen Parameter für den zu erwartenden Ertrag von Flexibilitätsquellen und damit natürlich Signale, inwieweit sich Investitionen in Flexibilität lohnen können. Der Index zeigt die Entwicklung der vergangenen Jahre und gibt keine Prognose ab. Marktanalysten können aber anhand des FlexIndex ihre Prognosen für den Flexibilitätsmarkt standardisiert und damit leicht vergleichbar formulieren. Unser Ziel ist es, dass der Index den Diskurs über die Bedeutung von Flexibilität heute und in Prognosen erleichtert und somit fördert.

Das heißt: Konkrete Aussagen sind noch nicht möglich?

Leuthold: Unterschiedliche Flexibilitätstechnologien lassen sich vergleichen, wenn man ihre Betriebsweise und damit ihre Wirkung im Markt modelliert und die Rückwirkung auf den Index anschaut. Die besten Marktchancen haben diejenigen Technologien, die bei minimalen Kosten zur stärksten Senkung der Preisschwankungen und damit am effektivsten zur Senkung des FlexIndex betragen. An dieser Stelle unterscheidet sich der Index vom Dax und ist eher vergleichbar mit dem Geschäftsklimaindex. Wenn er hoch ist, heißt das, dass das Geschäftsklima für Investitionen in Flexibilität gut ist. Ist er niedrig, sind weitere Investitionen in Flexibilität weniger vielversprechend.

Flexibilität gilt als die neue und entscheidende Währung der Energiewende. Würden Sie diese Aussage unterschreiben?

Oberreuter: Flexibilität ist auf jeden Fall ein wichtiger Bestandteil der Energiewende, auch aufgrund des geplanten zügigeren Ausbaus der erneuerbaren Energien. Durch Einspeicherung lässt sich die fluktuierende Erzeugung verstetigen. Das gewinnt vor allem dann an Bedeutung, wenn zunehmend die Grundlast aus Kohle und Gas aus dem Markt herausgenommen wird. Flexibilität hat hier einen großen Wert, aber dies muss natürlich auch bezahlt werden. Der Wert von Flexibilität muss schließlich so hoch sein, dass es sich wirtschaftlich rechnet, in eine Batterie oder in andere Anlagen zu investieren.

Leuthold: Man muss sich klarmachen, dass wir gerade einen Wechsel im Energieversorgungssystem erleben. Der noch vergleichsweise hohe Anteil konventioneller Erzeugung hat den Bedarf nach Flexibilität in den vergangenen Jahren noch weitreichend abdecken können. In diesem Marktumfeld war und ist es günstiger, die benötigte Flexibilität konventionell zu erbringen. Wir erwarten jedoch für die kommende Dekade einen grundlegenden Wandel. Dabei werden erneuerbare Energien zeitweise die komplette Versorgung übernehmen. Das führt zu zwei Problemen: Einerseits die Systemstabilisierung und andererseits werden wir durch die Gleichzeitigkeit von Erzeugung deutliche Preiseinbrüche sehen.

Können Sie das näher erläutern?

Leuthold: Markteinbrüche gab es in der Vergangenheit bereits. Dies hatte aber auch verstärkt mit der mangelnden Flexibilität konventioneller Kraftwerke zu tun. Wenn wir jedoch künftig über den Bedarf erzeugen und keine marginalen Kosten haben, dann gibt es auch keinen Merit-Order-Markt mehr, der im Hintergrund den Preis bestimmt. Das führt zu einer Preiskompression, und hier wird Flexibilität benötigt. Bislang war es so, dass die Bereitsteller von Flexibilität nicht auf einen Markt gestoßen sind, der dies honoriert hat. Das lag und liegt auch an der konventionellen Erzeugung. Je mehr diese jetzt zurückgefahren wird, desto mehr wird die Vermeidung von geringen oder Nullpreisen von erneuerbaren Energien eine Rolle spielen.

Für den Ausgleich gibt es bereits die unterschiedlichen Regelenergiemärkte. Brauchen wir einen zweiten parallelen Mechanismus?

Leuthold: Wichtig sind in Zukunft vor allem stabile Marktbedingungen. In der Regelenergie kamen einige Player durch häufige Änderungen in der Regulierung in schwieriges Fahrwasser. Hier braucht es künftig mehr Stabilität, zum Beispiel dahingehend, dass man zusichert, bestimmte regulatorische Eingriffe nicht vorzunehmen.

Oberreuter: Wir haben uns bewusst dafür entschieden, die Regelenergiemärkte beim FlexIndex außen vor zu lassen. Hintergrund war, dass der Index nicht durch solche, kaum vorhersehbare regulatorische Eingriffe beeinflusst wird. Dies hätte dann auch für größere Sprünge gesorgt. Unser Index bildet jetzt tatsächlich nur den Day-Ahead- und den Intraday-Markt in verschiedenen Zeithorizonten ab. Das macht ihn robust gegen irgendwelche Regulatorik.

Leuthold: Das zeigt auch, dass der Handel eine Aufgabe wahrnimmt, die früher die regulierten Märkte übernommen hatten. Die technologische Entwicklung sorgt dafür, dass die Kurzfristigkeit und die Bilanzkreistreue zu- und die Abweichungen abnehmen. Durch die steigende Dominanz der erneuerbaren Energien muss die benötigte Flexibilität immer mehr durch andere Techniken erbracht werden. Der Flexibilitätsmarkt bekommt darüber hinaus in den nächsten Jahren noch weitere Impulse – durch die Zunahme der fluktuierenden Erzeugung, durch den steigenden Verbrauch in den Bereichen Elektromobilität und Wärmepumpen und durch Elektrifizierung in der Industrie.

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