Anschlussverfahren Niederspannung

Tabelle 1. Übersicht über die VDE-Anwendungsregeln

Tabelle 1. Übersicht über die VDE-Anwendungsregeln (Bildquelle: FGH)

Bild 1. Nachweisprozess Deutschland

Bild 1. Nachweisprozess Deutschland (Bildquelle: FGH)

Bei Netzanschlüssen an Niederspannungsnetzen ist der Anschlussnehmer künftig verpflichtet, bis zu einer Anlagenleistung von 135 kW dem Netzbetreiber neben dem Datenblatt der Erzeugungsanlage (EZA) oder des Speichers ein nach den aktuellen Richtlinien gültiges Einheitenzertifikat nach ­VDE-AR-N 4105:2018 einzureichen. Gegebenenfalls sind notwendige Komponentenzertifikate zum Beispiel für die Schutzeinrichtung zu ergänzen, sofern das Einheitenzertifikat1 nicht alle geforderten schutz- und regelungstechnisch notwendigen Eigenschaften beinhaltet (Bild 2). Zusätzlich ist ein Prüfbericht zu den Netzrückwirkungen von EZE mit einem Eingangsstrom <75 A vorzulegen. Einheiten- und Komponentenzertifikate dienen dem Nachweis, dass die EZE und die Komponenten die Anforderungen der Netzanschlussregel VDE-AR-N 4105 einhalten. Für neu entwickelte und noch nicht zertifizierte EZE ist es darüber hinaus für zwei Jahre ab Inbetriebsetzung der ersten Einheit dieses neuen Typs möglich, anstelle des Einheitenzertifikats übergangsweise Prototypenbestätigungen zu nutzen. In diesen Fällen müssen die entsprechenden Einheitenzertifikate aber nachgereicht oder die betroffenen EZE rückgebaut werden.2 Ab einer Anschlussleistung über 135 kW ist im Allgemeinen ein nach VDE-AR-N 4110 gültiges Einheitenzertifikat erforderlich.

1Bis 12 Monate nach Inkraftsetzung der VDE 0124-100, aber spätestens bis zum 1. April 2020, sind Herstellererklärungen anstelle der Einheitenzertifikate im Rahmen der Antragstellung und zur Bewertung des Netzanschlusspunkts zulässig.

2Grundsätzlich kann in Absprache mit dem Netzbetreiber auch bei Netzanschlüssen am Niederspannungsnetz ein gesonderter Nachweispfad ohne Einheiten- und Komponentenzertifikate (Einzelnachweisverfahren) beschritten werden, der jedoch derzeit für diese kleinen Anlagen noch einer weiteren Ausgestaltung in der VDE 0124-100 bedarf.

Grundsätzliches Anschlussverfahren in der Mittel- und Hochspannung

Für Netzanschlüsse in der Mittel- und Hochspannungsebene sind in Abhängigkeit der unterschiedlichen Leistungsklassen verschiedene Ausprägungen des Nachweisverfahrens vorgesehen3(Tabelle 2). Dabei unterteilen die VDE-TAR das Nachweisverfahren generell in vier Phasen (Bild 1). Die Planungsphase einer EZA wird mit der Bewertung im Zuge eines Anlagenzertifikats (AZ) abgeschlossen, das die Voraussetzung für die Zuteilung des endgültigen Netzanschlusspunkts (NAP) bildet. Mit der Inbetriebnahme und der in diesem Zusammenhang zu erstellenden Inbetriebsetzungserklärung bestätigt der Anschlussnehmer, dass die Anlage unter Berücksichtigung der Vorgaben des Netzbetreibers sowie des AZ errichtet und parametriert wurde. Auf Basis der Inbetriebsetzungserklärung wird eine Konformitätserklärung durch eine nach DIN EN ISO/IEC 17065 akkreditierte Zertifizierungsstelle erstellt. Damit wird der durch Zertifizierungsstellen überwachte Nachweisprozess abgeschlossen, sofern durch diese die Konformität zum AZ bestätigt werden kann. Erst auf Basis dieser abschließenden Konformitätserklärung wird durch den Netzbetreiber die endgültige Betriebserlaubnis erteilt, und der Regelbetrieb kann gestartet werden (Bild 3). Über die gesamte Lebenszeit einer EZA schließt sich dann fortlaufende beziehungsweise hilfsweise in definierten Abständen die wiederkehrende Überwachung der Konformität im Rahmen eines Compliance Monitoring an.

Bei Mittelspannungsanschlüssen ist die für das Nachweisverfahren relevante minimale Anschlussleistung von 1 MVA auf 135 kW gesenkt worden. Das bedeutet, dass EZA ab einer Leistung von 135 kW außer dem generell notwendigen Einheitenzertifikat auch ein AZ und eine abschließende Konformitätserklärung benötigen, die jeweils durch akkreditierte Zertifizierungsstellen auszustellen sind. Dabei wird bei der Entscheidung, ob die EZA nachweispflichtig im Sinne eines Anlagenzertifikats ist, in der Summenbildung der Anschlussleistung nach Einheiten mit direkt netzgekoppelten Synchrongeneratoren (Typ 1) und allen anderen Technologien (Typ 2) unterschieden:

PEZA = ∑PEZE,TYP1 > 135 kW

oder

PEZA = ∑PEZE, TYP2 > 135 kW.

Um die Wirtschaftlichkeit kleiner Projekte nicht zu gefährden, wurde ein aufwandreduziertes Verfahren, das Anlagenzertifikat B, neu eingeführt. Dabei findet unter anderem keine Bewertung bezüglich der Netzrückwirkungen oder der dynamischen Netzstützung statt. Die Konformitätserklärung ist jedoch auch hier erforderlich.

3Anlagen mit einer Baugenehmigung, einer BImSchG-Genehmigung oder einem Netzanschlussantrag bis zum 27. April 2019 und Inbetriebnahme bis Ende Juni 2020 dürfen nach altem Regelwerk ausgeführt werden.

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