Herausforderungen bei der Erstellung der LCA strombasierter synthetischer Kraftstoffe im Verkehrssektor

Bild 2. Zeitlicher Verlauf der Anzahl an Publikationen im Bereich LCA und alternative Kraftstoffe. Relevante Publikationen, die weder der Gruppe der strom- noch der biomassebasierten Kraftstoffe zugeordnet werden konnten, wurden der Gruppe »Andere« (nicht dargestellt) zugeordnet.

Bild 2. Zeitlicher Verlauf der Anzahl an Publikationen im Bereich LCA und alternative Kraftstoffe. Relevante Publikationen, die weder der Gruppe der strom- noch der biomassebasierten Kraftstoffe zugeordnet werden konnten, wurden der Gruppe »Andere« (nicht dargestellt) zugeordnet. (Bildquelle: FfE)

Bild 2 zeigt den zeitlichen Verlauf der Zahl an Veröffentlichungen bis ins Jahr 2018. Es wird deutlich, dass nach anfänglich wenigen Publikationen deren Anzahl im Bereich der LCA biomassebasierter Kraftstoffe in den Jahren 2004 bis 2011 deutlich steigt und sich seitdem auf einem hohen Niveau hält. LCA strombasierter synthetischer Kraftstoffe hingegen geraten erst seit 2016 zunehmend in den Fokus.

Ziel dieses Artikels ist es, die Herausforderungen bei der Erstellung der LCA strombasierter synthetischer Kraftstoffe im Verkehrssektor aufzuzeigen. Deshalb wurden aus den 61 Publikationen, die sich mit der LCA strombasierter Kraftstoffe befassen, alle 23 Publikationen (Tabelle 1 in [33]) ausgewählt, die den Fokus explizit auf die Anwendung im Verkehrssektor legen. In den 23 Publikationen werden insgesamt sieben verschiedene strombasierte synthetische Kraftstoffe betrachtet: Wasserstoff (16), Methanol (6), Methan (5), Dimethylether (DME) (3), Ammoniak (3), Fischer-Tropsch (FT)-Kraftstoff (2) und Oxymethylenether (OME) (1).

Im Hinblick auf die bilanzierten Teilprozesse lässt sich feststellen, dass der Detailgrad der einzelnen Publikationen stark variiert. So werden in [18] und [26] lediglich Ergebnisse für die Teilprozesse Kraftstoffherstellung und Nutzung betrachtet. In [16] dagegen werden beispielsweise sechs Teilprozesse von der Stromerzeugung über die Elektrolyse, der CO2-Gewinnung, Methanisierung, Aufbereitung und schließlich der Nutzung des Kraftstoffs analysiert. In 70 % der Publikationen wird die Elektrolyse als einer der größten Stromverbraucher bei der Kraftstoffherstellung gesondert ausgewiesen und mehr als die Hälfte der Studien (52 %) führen Ergebnisse für die Energiebereitstellung auf.

Die Ökobilanzen werden in 14 Fällen mit LCA-Datenbanken oder mit einer Simulationssoftware erstellt. Am häufigsten wird dabei auf die Datenbanken Ecoinvent und Gabi zurückgegriffen. Zur Modellierung finden vor alem Simapro und Gabi Verwendung. Sechs Publikationen stützen sich bei ihren Analysen ausschließlich auf Sekundärquellen aus der Literatur. Zwei Studien ([8, 12]) beziehen explizit Daten für Fahrzeuge aus Datenblättern in die Bilanz ein und nur eine Studie ([13]) gibt an, Datenblätter für die Bilanz des Elektrolyseurs zu verwenden (Tabelle 2 in [33]). Auffallend ist, dass keine der Studien real gemessene Daten aus dem Anlagen- oder Fahrzeugbetrieb in die Bilanz einfließen lässt. Hier ist eindeutig eine Datenlücke erkennbar.

Zusätzlich zu diesen technischen Punkten wurden die Studien hinsichtlich der wichtigsten Aspekte bezüglich des methodischen Vorgehens, die laut der Normen ISO 14040 [28] und ISO 14044 [29] definiert werden sollten, analysiert (Tabelle 3 in [33]). Die funktionelle Einheit dient als Referenz- und Vergleichsgröße, um die Umweltwirkung eines Produkts (oder einer Technologie) innerhalb der festgelegten Systemgrenze in Bezug auf seinen Nutzen zu bewerten und vergleichbar zu machen. Die Systemgrenze wiederum definiert den Bilanzraum, für den die Umweltwirkung für verschiedene Wirkungskategorien quantifiziert werden soll. Für jede Wirkungskategorie werden nach einer bestimmten Methode (zum Beispiel ReCiPe, CML2001) verschiedene Emissionen mit ähnlicher Wirkweise zusammengefasst und diese mittels Umrechnungsfaktoren in einen Wirkungsindikator mit einer normierten Einheit übersetzt. So wird beispielsweise die Wirkungskategorie Klimawandel mithilfe des Wirkungsindikators Treibhauspotenzial in kg CO2-Äquivalenten (kg CO2-Äq.) ausgedrückt. Ein weiterer wichtiger Aspekt bei der Bilanzierung eines Prozesses oder Produktsystems ist die Allokation. Hierunter ist die Zuordnung der eingehenden und ausgehenden Stoff- und Energieströme eines Prozesses oder Produktsystems zum untersuchten Produktsystem oder der untersuchten Technologie im Fall von Multi-Output-Prozessen zu verstehen [28].

Zusätzlich zu den genannten Punkten spielt auch die Typologie der Bilanz eine wichtige Rolle, da diese Auswirkung auf die Modellierung und die benötigten Daten hat. So ist zu unterscheiden, ob es sich um eine attributional oder eine consequential LCA handelt. Damit wird entschieden, ob es das Ziel der Analyse ist, die Umwelteinwirkungen einem Produkt oder Prozess zuzuordnen (attributional) oder die Änderung der Umwelteinwirkungen durch die Veränderung der Nachfrage nach einem Produkt oder einer Technologie oder dessen beziehungsweise deren Eigenschaften zu bestimmen (consequential). Während im Fall einer attributional LCA durchschnittliche Daten zum Einsatz kommen, werden für eine consequential LCA marginale Daten benötigt, die die Veränderungen im System beschreiben. Der Zeitrahmen der Bilanz ist klar zu definieren. Bezieht sich die Datenlage auf einen in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt, wird von einer retrospektiven LCA gesprochen, liegt der Zeitpunkt hingegen in der Zukunft, wird dies als prospektiven LCA bezeichnet [30].

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