Stadtwerke: Bild 1. Die zehn Lebensbereiche der Ecosystem Strategy Map

Bild 1. Die zehn Lebensbereiche der Ecosystem Strategy Map (Quelle: PwC)

Seit dem Einmarsch der russischen Armee in die Ukraine Ende Februar 2022 ist Versorgungssicherheit, wenn es um Strom, Gas und Wärme geht, Thema Nummer eins geworden. Energieversorgungsunternehmen (EVU) stehen hier besonders im Fokus. Auf ihnen lastet ohnehin ein enormer Transformationsdruck. Die Hauptgründe dafür sind bekannt: Dekarbonisierung, Dezentralisierung und Digitalisierung. Aufgrund der Verknappung fossiler Energieträger und drastischer Preiserhöhungen drohen zudem Zahlungsausfälle von Verbrauchern und Insolvenzen von Geschäftskunden.

Stadtwerke erhalten neue Konkurrenz 

Neben dem Kostendruck gilt es für Stadtwerke, auf weitere Herausforderungen Antworten zu finden: So machen neue Marktteilnehmer wie Technologiekonzerne und Start-ups traditionellen EVU zunehmend Konkurrenz. Und auch die Rolle der Energienutzer wandelt sich: Sie fragen als aktive, äußerst wechselbereite Prosumer statt nach einfachen Produkten – Energie oder Wärme – immer mehr nach komplexeren, integrierten Lösungen.

All dies stellt EVU und vor allem Stadtwerke als regionale Versorgungsunternehmen vor fundamentale Herausforderungen: Im Stromgeschäft beispielsweise drohen Stadtwerken Umsatzverluste von bis zu 20, teils sogar 30 % bis zum Jahr 2030. Um zukunftsfähig zu sein, müssen sie sich zu Lösungsanbietern mit einem immer komplexeren Dienstleistungsangebot weiterentwickeln, die zudem neue Geschäftsmodelle agil und marktnah aufbauen sowie strategische Kooperationspartner intelligent inte­grieren. Wie kann ihnen das gelingen? Indem sie die zu ihnen passende Rolle in einem Business-Ökosystem finden.

Ecosystemizer: praxiserprobtes, endkundenzentriertes Rahmenwerk

Ein Business-Ökosystem ist eine Gruppe größtenteils unabhängiger Akteure, die zugleich miteinander konkurrieren und kooperieren sowie integrierte Angebote für ihre Kunden schaffen, die für alle einen Mehrwert bedeuten. Erfolgreiche Business-Ökosysteme bauen meist auf digitalen Plattformen auf: Diese bieten Netzwerkeffekte, eine hohe ­Reichweite und Skalierbarkeit – und sie ermöglichen mehr Transaktionen bei gleichzeitig geringen Transaktionskosten. Plattformen können auch regional ausgeprägt sein und in Kooperation mit weiteren EVU oder anderen Marktteilnehmern aufgesetzt werden. Grundsätzlich haben die regional verwurzelten und vielfältig engagierten Stadtwerke eine gute Ausgangsbasis, um ihr traditionelles Geschäft in ein Ökosystem zu transformieren.

Ein praxiserprobtes Rahmenwerk für diese Transformation bietet der Ecosystemizer-Ansatz. Das Ecosystemizer-­Modell löst die branchenzentrierte Sicht ebenso wie die klassische lineare Wertschöpfungskette ab, die lediglich nach B2B- oder B2C-Geschäft unterscheidet. Statt klassische Industrien zu betrachten, basiert der Ecosystemizer-Ansatz auf zehn Lebensbereichen, darunter Wohnen, Mobilität, Arbeit, Gesundheit und Unterhaltung, die die zentralen Bedürfnisse der Endkunden in den Vordergrund stellen (Bild 1).

In diesen Lebensbereichen der Endkunden können Unternehmen jeweils eine (oder mehrere) der folgenden drei Rollen übernehmen:

  • Enabler verkaufen Produkte oder Dienstleistungen an andere Unternehmen (B2B)
  • Realiser verkaufen ihre Produkte oder Dienstleistungen direkt an Endkunden (B2C)
  • Orchestratoren verkaufen Produkte oder Dienstleistungen anderer Unternehmen an Endkunden (ebenfalls B2C).
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