
Marcel Karell ist Account Manager Energieversorger Global bei Janitza electronics (Bildquelle: Janitza)
Ein solches Ungleichgewicht in Angebot und Nachfrage ist also wahrscheinlicher als spezielle Wetterphänomene oder einen Hackerangriff?
Tom Janson: Wir können das bisher nicht eindeutig beantworten. Natürliche Ereignisse können die Ursachen für eine Unterfrequenz sein, also für eine Zunahme von Last, genauso wie für den Wegfall von Erzeugern. Die könnte man aber auch durch gezielte Cyberangriffe ausschalten. Hier können wir aufgrund der aktuellen Datenlage noch keine Aussage treffen.
In Spanien ist das Netz mittlerweile wieder um die 90 Prozent hergestellt, Portugal ist noch nicht so weit. Wie fährt man nach so einem Blackout die Netze wieder hoch – und warum ist das so anspruchsvoll?
Marcel Karell: Ein großflächiger Ausfall wie jetzt Spanien und Portugal ist schwer zu managen. Es ist wie bei einem Ausfall zu Hause: Wenn ich in jedem Zimmer Licht anhatte, der Backofen heizt und dann noch die Waschmaschine startet, habe ich vielleicht eine zu hohe Nachfrage und die Sicherung fliegt raus. Wenn ich jetzt die Verbraucher nicht erst einmal alle abschalte, kann ich die Sicherung gar nicht mehr umlegen. Ich muss erst alles herunterfahren und dann stückweise wieder hochfahren, damit sich nicht alles wieder aufschaukelt. Das sind jetzt genau die Schwierigkeiten in Spanien und Portugal.
Tom Janson: Richtig, das Hochfahren wird über sogenannte Inselsysteme organisiert. Die werden nach und nach mit ihren Lasten wieder zugeschaltet. Und das dauert.
Jetzt muss analysiert werden, woher die Störung kam. Wie läuft in solch einem Fall die Ursachenforschung – und wie wichtig sind Messwerte und Messgeräte dabei, gerade Geräte mit eigenem Datenspeicher und Batterie?
Tom Janson: Die Ursachenforschung ist in solchen Fällen immer sehr schwierig. Dabei sind Messwerte das A und O. Sie erst ermöglichen eine Analyse. Gerade dann ist eine Pufferbatterie genauso wie ein interner Speicher in Messgeräten essentiell. Denn wenn keine Energieversorgung vorhanden ist, können die Werte nicht mehr aufgezeichnet und weitergeleitet werden. Messgeräte müssen hier den Ausfall über eine gewisse Zeit puffern. Die Experten brauchen jetzt unter anderem die Log-Dateien mit Abschaltgründen aus den Schutzgeräten in der Mittelspannung: Wo hat die Schutzauslösung stattgefunden, wie hoch waren die Grenzwertüberschreitungen?
Marcel Karell: Die Basis einer jeden Fehleranalyse sind dezidierte Messwerte. Das sehen wir bei jeder Flugzeugkatastrophe: Jeder will den Flugschreiber bergen und die Daten auswerten. Und hier braucht es Experten. Auch bei dem Ausfall in Spanien und Portugal braucht es jetzt Kollegen, die diese Messwerte auch interpretieren können, das ist noch nicht so viel KI-gestützt. Auch bei Daten, die über Janitza-Messtechnik generiert sind, müssten wir die Daten übereinanderlegen, miteinander vergleichen, um dann zum Auslöser zu kommen. Das ist wirklich ein hochkomplexes Thema, bei dem wir von Janitza mit unserem Know-how und mit unserer Expertise einen kleinen Beitrag dazu leisten, auch mit unseren Softwaretools. Die Analyse kann manchmal aber Wochen dauern.