Kabelbestand im Verteilnetz

Tabellarische Aufstellung des Verkabelungsgrad Stromnetz in Deutschland in den Jahren 2007 bis 2017

Bild 2: Verkabelungsgrad Stromnetz in Deutschland (2007 – 2017)

Bisher gab der Kabelbestand im Verteilnetz aus Sicht des Assetmanagements keinen Anlass zu einer detaillierteren Auseinandersetzung, sieht man von wenigen Ausnahmen wie z. B. der Watertree-Problematik (»Wasserbäumchen« in kunststoff- isolierten Mittelspannungskabeln) Ende der 1980er-Jahre ab. Die Lebensdauer und Zuverlässigkeit der Kabelstrecken ist deutlich größer, als bei der Einführung dieser Technologie vermutet, was über alle Spannungsebenen hinweg gilt. Während ursprünglich Lebensdauern von rd. 30 Jahren angenommen wurden, wird heute von einer mittleren wahrscheinlichen Lebensdauer von 60 bis 80 Jahren ausgegangen. Gerade in den Jahren der verstärkten Elektrifizierung und des wirtschaftlichen Booms in den Nachkriegsjahren und darauffolgend in den 60er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts war ein massiver Zubau von Kabeln zu verzeichnen. Während der Verkabelungsgrad der Hochspannungsebene stark von den geographischen Gegebenheiten (städtisch oder ländlich geprägt) abhängt, werden in der Mittel- und vor allem der Niederspannung fast ausschließlich Kabel für die Versorgung verwendet. Der Verkabelungsgrad beträgt deutschlandweit aktuell etwa 82,4 % (Bild 2), bei vielen Verteilnetzbetreibern auch annähernd 100 %.

Erneuerung vom Kabelstrecken steht an

Eine Vielzahl dieser Kabelstrecken ist heute über 50 Jahre alt und nähern sich damit langsam aber sicher ihrem prognostizierten Lebensdauerende. In der Folge stehen in den nächsten Jahren bzw. Jahrzehnten relevante Kabellängen bei vielen Netzbetreibern zur Erneuerung an.

Vor allem für die deutschen Großstädte stellt dies eine enorme Herausforderung dar, da diese Erneuerung mit anderen Infrastrukturmaßnahmen konkurrieren und auf Grund der damit verbundenen Baustellentätigkeit eine hohe Belastung für die Bürger darstellen. So plant beispielsweise die RNG bis zum Jahr 2030 die Verlegung von mehr als 1.200 km Kabel alleine für Köln. Dabei muss der sichere Weiterbetrieb zu jeder Zeit gewährleistet bleiben und alle in Betrieb befindlichen Kabel müssen bis zu ihrem Austausch zuverlässig ihren Dienst tun.

Die Fachtagung »Werkstatt Kabel« nähert sich zentralen und nach wie vor nicht eindeutig geklärten Fragestellungen der Netzbetreiber zur Ermittlung des Zustands von Kabelstrecken: Zum einen ist das Störungsaufkommen nach wie vor moderat bis gering, was bedeutet, dass Kabelstrecken nicht auf Grund ihres Störungsaufkommens erneuert werden müssen. Zum anderen ist eine Zustandsbewertung schwierig, da Kabelstrecken in der Erde verlegt und damit nur eingeschränkt zugänglich sind. Daher sind Zustandsdaten über die Kabel kaum verfügbar. Erschwert wird die Bewertung zusätzlich dadurch, dass die Datenlage/Dokumentation insbesondere in den unteren Spannungsebenen oftmals sehr schlecht ist. Eine Nacherfassung von Zuständen oder Daten ist äußerst schwierig bzw. sehr aufwändig und damit sehr teuer.

Zurzeit wird bei der RNG untersucht, ob die Zustandsbewertung von Kabelstrecken durch die Verknüpfung von Stamm- und Bewegungsdaten, wie z. B. Messungen, verbessert werden kann. Außerdem wird ein Alterungsprüfstand für Mittelspannungsmassekabel gebaut, mit dem für das Netzgebiet der RNG typischen Alterungsvorgänge genauer erforscht werden sollen. Auch in der Niederspannung werden erste Ansätze erarbeitet, um für eine zielgerichtete, effiziente Erneuerung genauere Zustandsinformationen zu gewinnen.

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