Auswirkungen auf Erdgasflüsse in Europa

Karte mit Fokus auf Europa und Teile Russlands

Abb. 3 Relative Preisdifferenzen zwischen einem Szenario mit Nord Stream 2 und einem Szenario ohne Nord Stream 2 bei niedriger globaler LNG-Nachfrage

Laut der Simulation mit dem TIGER-Modell wird Deutschland durch Nord Stream 2 zu einem bedeutenden Transitland für Erdgas in Europa. Im Fall niedriger globaler LNG-Nachfrage werden in 2020 Nord Stream 1 und 2 mit ca. 88 Mrd. m3 genutzt. Das zusätzlich nach Deutschland kommende Erdgas wird teilweise reexportiert (ca. 12 Mrd. m3 nach Tschechien, ca. 5 Mrd. m3 nach Polen und ca. 4 Mrd. m3 in die Niederlande). Wenn Nord Stream 2 verfügbar ist, reduzieren sich die Gasflüsse von Großbritannien nach Belgien durch die Interconnector-Pipeline (um ca. 1 Mrd. m3 in 2020 im Fall niedriger globaler LNG-Nachfrage). Die Auslastung der britischen LNG-Importterminals sinkt mit Nord Stream 2, während im Fall ohne Nord Stream 2 ein Teil des in Großbritannien importierten LNG nach Kontinental-Europa reexportiert wird.

Mit Nord Stream 2 tritt unter den getroffenen Infrastrukturannahmen ein Netzengpass zwischen Tschechien und der Slowakei in Lanžhot auf. Dies führt dazu, dass auch mit Nord Stream 2 noch Transite durch die Ukraine erforderlich sind oder Investitionsbedarf für den Ausbau von Interkonnektoren entsteht.

LNG-Exporteure verlieren weltweit

Nord Stream 2 entlastet wie gesehen die europäischen Gasverbraucher um mehrere Milliarden Euro pro Jahr. Aufgrund der besseren Wettbewerbsposition von russischem Gas durch Nord Stream 2 wird LNG aus dem Markt gedrängt, was zu geringeren LNG-Preisen führt. Da LNG ein global gehandeltes Gut ist, führen die genannten Marktbewegungen in Europa zu einem weltweiten Effekt. D.h. auch Konsumenten in Japan profitieren von günstigeren Gaspreisen, wenn Europa eine aufgrund von Nord Stream 2 geringere LNG-Nachfrage entfaltet. Bei einem globalen LNG- Marktvolumen von ca. 4.000 TWh in 2020 bedeutet das global gesehen, einen um 1,60 € geringerer LNG-Preis, wodurch die LNG-Industrie ca. 6,4 Mrd. € jährlich an geringeren Einnahmen zu beklagen hat.

Fazit: Globaler Preiseffekt

Nord Stream 2 verstärkt den Wettbewerb zwischen russischem Gas und LNG auf dem EU-Gasmarkt. Dies führt zu einer geringeren Nachfrage nach LNG und damit niedrigeren LNG-Preisen weltweit. Folglich sinken die Gaspreise in der EU. Jedes Land der EU profitiert – in unterschiedlichem Ausmaß – von diesem Effekt und damit günstigeren Gaspreisen, nicht nur die LNG-importierenden Länder. Aufgrund der weiter voranschreitenden europäischen Gasmarktintegration in Bezug auf Marktregeln und Infrastrukturen dringen die Preissignale der LNG-Märkte auch bis an die von den LNG-Terminals weiter entfernten EU-Mitgliedstaaten durch.

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