Sinkende Gaspreise in allen EU-Ländern

Säulendiagramm stellt die Auswirkungen von Nord Stream 2 auf Preise und Konsumentenrente in der EU dar

Abb. 2 Auswirkungen von Nord Stream 2 auf Preise und Konsumentenrente in der EU

Die Angebotsfunktionen für LNG aus dem COLUMBUS-Modell sind der Input für eine detaillierte, landesspezifische Betrachtung im europäischen Erdgasinfrastrukturmodell TIGER. In diesem Modell wird eine zunehmende Integration europäischer Erdgasmärkte entlang der Vorgaben des Ten Year Network 

Development Plans [5] angenommen. Gemäß einer Studie von KPMG [6] wird davon ausgegangen, dass noch 30 Mrd. m3/a Transitkapazitäten in der Ukraine mittelfristig sicher zur Verfügung stehen [7].

Im Fall von niedriger globaler LNG-Nachfrage reduziert Nord Stream 2 den durchschnittlichen europäischen Gasbörsenpreis um ca. 1,60 Euro. Bei einer Gasnachfrage von über 4.500 TWh pro Jahr werden Gasverbraucher in der EU in 2020 um ca. 7,9 Mrd. € entlastet. Auf den deutschen Markt entfallen hiervon ca. 2,0 Mrd. €, und auf den britischen Markt ca. 0,6 Mrd. €. Im Fall von hoher globaler LNG-Nachfrage steigt die Entlastung der Gaskonsumenten in der EU durch Nord Stream 2 sogar um ca. 24,4 Mrd. € in 2020 (in Deutschland: 5,9 Mrd. €, in Großbritannien: 1,9 Mrd. €).  Wie in Abb. 2 zu sehen ist, sorgt Nord Stream 2 auch in den Jahren 2025 und 2030 für weitere Entlastungen für die EU-Gasverbraucher [8].

In einem integrierten europäischen Gasmarkt führen die geringeren LNG-Importpreise, welche aus den vermiedenen LNG-Importen durch Verfügbarkeit von Nord Stream 2 resultieren, in allen Ländern der EU zu sinkenden Gaspreisen. Abb. 3 zeigt die prozentuale Preisänderung zwischen einem Szenario mit Nord Stream 2 und einem ohne bei niedriger globaler LNG-Nachfrage. Die Preiseffekte variieren zwischen 4 % und 13 %. Die Unterschiede zwischen den Ländern sind durch saisonale Effekte, temporale Netzengpässe, Long Term Contracts (LTCs), absolute Preis-level und die Verfügbarkeit von alternativen Angebotsoptionen, z. B. aus den nordafrikanischen Erdgasförderländern, bedingt.

Auswirkungen auf die für Europa wichtigen Förderländer

Durch den Bau von Nord Stream 2 werden insbesondere LNG-Importe verdrängt. In der Simulation mit dem TIGER-Modell gehen allerdings auch nordafrikanische Importe in die EU leicht zurück, wenn Nord Stream 2 verfügbar ist (um ca. 2 Mrd. m3 in 2020).  Allerdings ist kein Einfluss von Nord Stream 2 auf norwegische Importe zu beobachten, da Norwegen sowohl im Fall mit als ohne Nord Stream 2 an der Kapazitätsgrenze produziert. Der Marktanteil von russischem Gas in der EU steigt durch Nord Stream 2 an. Ein zunehmender Marktanteil ist aber nicht mit wachsender Marktmacht Gazproms gleich- zusetzen, da die zur Verfügung stehenden LNG-Importkapazitäten in der EU sowie die Verfügbarkeit von LNG als global gehandeltem Energieträger den Spielraum für russische Preiserhöhungen begrenzen.

Wie schon in vorherigen Studien von ewi ER&S [9] analysiert wurde, macht Nord Stream 2 aus russischer Sicht nur Sinn, wenn eine wettbewerbliche Strategie auf europäischen Märkten verfolgt wird. Mengenzurückhaltungen wären auch schon im Rahmen der existierenden Infrastruktur genauso gut möglich. Eine wettbewerbliche Strategie kann sinnvoll sein, da der negative Effekt sinkender Gaspreise auf russische Umsätze durch zusätzlich verkaufte Mengen kompensiert wird, zudem entstehen geringere Kosten beim Transport.

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