Risiko einer L-Gas Versorgungskrise in Deutschland

Das mögliche Problem einer kompletten und kurzfristig erfolgenden Einstellung der Produktion aus dem Groningen-Feld wird bisher weder in der Öffentlichkeit noch in Fachkreisen diskutiert. Bei Einstellung der L-Gas-Produktion in den Niederlanden (oder weiterer starker Reduktion) kann aber ein, wenn auch regional beschränkter, veritabler Versorgungsnotfall in Deutschland nicht ausgeschlossen werden. Daraus resultierende L-Gas-Knappheit, erhebliche Preissteigerungen und im schlimmsten Falle sogar stillgelegte Industrie- und Gewerbebetriebe, kalte Wohnungen ohne Erd-gasheizung wären Verbrauchern und der Öffentlichkeit nicht zu vermitteln und vor allem für die Reputation des Energieträgers Erdgas desaströs.

Da auch die Bundesnetzagentur in Deutschland nur von dem plangemäßen Rückgang bis 2030 ausgeht, scheint kein „Plan B“ [2] zu existieren – d. h. ein Katalog fristgerecht umzusetzender Maßnahmen für den Fall, dass eine Reduktion oder komplette Einstellung der Groningen-Produktion früher oder massiver als aktuell erwartet eintreten sollte.

Mögliche Maßnahmen in Deutschland

In den letzten Jahren wurde in Deutschland die Umstellungsrate erhöht und der NEP Gas angepasst. Wenn aber eine weitere Erhöhung der Umstellungsrate nicht möglich sein sollte, birgt dies die Gefahr in sich, dass ein politischer Meinungsumschwung in den Niederlanden, welcher z. B. als Konsequenz erneuter Erdbeben im Groningen-Gebiet eintreten könnte oder eine bindende richterliche Entscheidung, die Groningen-Produktion umgehend komplett einzustellen, eine umfassende Änderung dieser Szenarien bedingte. Im Rahmen des Konsultationsprozesses zum Netzentwicklungsplan 2018-2028 sehen die Fernleitungsnetzbetreiber jedoch inzwischen hohe Investitionen für die Marktraumumstellung von L-Gas auf H-Gas vor.

Ob die bereits seit 2012 stattfindenden Gespräche zwischen Vertretern der Regierungen von Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg und den Niederlanden (sog. Penta-Gespräche) dies berücksichtigen, wurde nicht veröffentlicht [3].

Angesichts des dargestellten Risikos einer Versorgungskrise sind kurzfristige Maßnahmen – auch mit Unterstützung von BNetzA und BMWi – durchzuführen, um die Konsequenzen einer solchen potenziellen Versorgungskrise möglichst zu mindern. Zu den Maßnahmen gehören neben weiterer Stickstoffkonditionierung in den Niederlanden:

  • Soweit möglich Beschleunigung und Vorziehen der Umstellung von L- auf H-Gas.
  • Errichtung zusätzlicher Konversionsanlagen: Ausbau der Konvertierung von H-Gas zu L-Gas z. B. durch Beimischung von Stickstoff
  • Eine Alternative zur Errichtung „konventioneller“ Konditionierungsanlagen, wäre die verstärkte Nutzung von Stickstoff aus stickstoffreichen Erdgaslagerstätten – als preisgünstige Stickstoffquelle – und direkte Nutzung des Stickstoffs zur Konditionierung im Transportnetz. Diese “Methode“ könnte evtl. auch kostengünstiger dargestellt werden als die Errichtung einer Konditionierungsanlage
  • Ferner dürfte auch der Ausbau von Transportkapazitäten an erwarteten Engpässen notwendig werden. Auch dieser dürfte aufgrund der Vorlaufzeiten bei plötzlicher oder forcierter Reduktion der L-Gas Verfügbarkeit nicht rechtzeitig umsetzbar sein.
  • Eine Erhöhung der deutschen L-Gas Produktion (ggf. durch Fracking) könnte ebenfalls zur Lösung des Problems in Betracht gezogen werden. Allerdings dürfte Fracking politisch wenig Aussicht auf Erfolg haben.

Die meisten dieser Maßnahmen benötigen längere Umsetzungszeiten und müssten daher, unter Berücksichtigung politischer, technischer und wirtschaftlicher Restriktionen, umgehend auf den Weg gebracht werden.

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