Expansion gesetzlicher Regelungen

Der Bestand an Gesetzen und Verordnungen im Energiebereich ist in den letzten Jahren enorm gewachsen. In der vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie entwickelten „Gesetzeskarte für das Energieversorgungssystem“ kann man nachlesen, dass es auf Europäischer Ebene 23 Richtlinien und Verordnungen gibt, die auf dem Gebiet der Energieversorgung zu beachten sind. Hinzu kommen auf nationaler Ebene 26 Gesetze und 34 Verordnungen. Nichts aber belegt die Dynamik des Wachstums staatlicher Regulierung in der Energiepolitik deutlicher als ein Blick auf das Standardwerk „Energierecht“ des Beck-Verlags. In der Auflage des Jahres 2017 ist das ein dickes Buch mit sage und schreibe 1.722 Seiten. In der ersten Auflage aus dem Jahr 2000 konnte man die Energiegesetze in Deutschland noch auf 512 Seiten zusammenfassen.

Steigende Fördermittel

Die Finanzmittel, die von der Bundesregierung zur Umsetzung der Energiewende bereitgestellt werden, sind nicht ohne größeren Aufwand zu ermitteln. Einen ersten Anhaltspunkt kann man aber gewinnen, wenn man einen Blick in den Haushaltsplan des für die Energiepolitik zuständigen Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie wirft. Der einfachste Ansatz für eine Analyse ist der, dass man die in den Haushaltsplänen genannte Zweckbestimmung der Titel als Selektionskriterium nimmt und dann alle Ausgaben zusammenstellt, die man sinnvollerweise dem Projekt Energiewende zuordnen kann.

Tab. 1 zeigt, dass im Haushalt des BMWi in 2017 für die Energiewende rd. 3,5 Mrd. € bereitgestellt wurden, darunter allein für die energetische Gebäudesanierung ein Betrag von mehr als 2 Mrd. €. Gerne würde man Vergleichszahlen zu den Ansätzen in 2010 haben. Hier sind schnelle Aussagen kaum möglich Das liegt vor allem daran, dass das BMWi nach der Bildung der großen Koalition von CDU/CSU und SPD im Dezember 2013 die gesamte Verantwortung für den Bereich Energiepolitik bekommen hat und es in diesem Zuge auch zu Verlagerungen von Haushaltstiteln aus anderen Ressorts zum BMWi gekommen ist. Gleichwohl ist die Generalaussage gerechtfertigt, dass die Ansätze für die Energiewende im Haushalt 2017 ein Vielfaches dessen betragen, was die Bundesregierung in den Jahren vor 2010 für den Umbau der Energieversorgung Deutschlands bereitgestellt hat. Der guten Ordnung halber sei an dieser Stelle hinzugefügt, dass Bundesmittel in Höhe von 3,5 Mrd. € beachtlich erscheinen, aber dann doch bescheiden wirken, sobald man diese Zahl den Beträgen im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) gegenüberstellt. Hier nennt der BDEW für 2017 Belastungen für die Stromverbraucher in Höhe von 24,5 Mrd. €.

Tab. 1: Energiewende-Titel im Haushalt des BMWi 2017 (Soll) in Mio. €

 Klassischer HaushaltEnergie- u.
Klimafonds
Summe
Steigerung Energieeffizienz41462,0503,5
Marktanreizprogramm230 230,0
Energetische Gebäudesanierung
(Ausfinanzierung)
338 338,0
CO2-Gebäudesanierungsprogramm
(Neuzusagen)
 2.000,02.000,0
Erneuerbare Wärmemarkt 87,087,0
Umsetzung Maßnahmen Strom/Netze 104,0104,0
Elektromobilität 66,566,5
Kaufprämie Elektrofahrzeuge 192,0192,0
Summe6092.911,53.520,5

Wachsende Personalausstattung

In der Energieabteilung des BMWi arbeiteten in 2009, also in dem Jahr unmittelbar vor der Verabschiedung des Energiekonzepts, 114 Personen. Heute gibt es im „Bundesministerium für Wirtschaft und Energie“, zwei Abteilungen, die für die Energiepolitik zuständig sind: Abt. II „Wärme und Effizienz“ und Abt. III „Strom und Netze“. In beiden Abteilungen zusammen arbeiten jetzt rd. 280 Personen. Auch diese beiden Zahlen sind natürlich auf Grund von Verschiebungen in den Zuständigkeiten nur begrenzt vergleichbar. Ein Personalbestand von 280 Personen für einen letztlich doch überschaubaren Teilbereich der Wirtschaftspolitik spricht jedoch für sich.

Es ist wichtig, sich diese über Jahre gewachsenen Gegebenheiten immer wieder vor Augen zu führen. Sie sind Teil der Ausgangslage 2018 und man kann davon ausgehen, dass sie im Zweifel eine Politik des „Weiter so“ begünstigen. Jeder Versuch eines wirklichen Neubeginns müsste beachten, dass Änderungen der gesetzlichen Regelwerke nur auf lange Sicht möglich wären, Eingriffe in die vielen Förderprogramme nur gegen Widerstände durchsetzen werden könnten und Gegebenheiten in der Verwaltung naturgemäß ein besonders hohes Beharrungsvermögen haben.  Es gibt vermutlich kaum einen deutlicheren Beleg für das Bestreben der Energiepolitik, Anpassungen zu vermeiden, als die Stellungnahme des BMWi zu einem Bericht des Bundesrechnungshofs zur Umsetzung der Energiewende. Auf die Kritik des Bundesrechnungshofs an der Umsetzung der Energiewende, antwortet das BMWi in seiner Stellungnahme nur mit dem kurzen Hinweis: „Es bestehe kein Handlungsbedarf“ [6].

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