Senkung der Beschaffungskosten um mehr als ein Viertel Wird die von den Haushalten angebotene Flexibilität marktdienlich

Abb. 1 Verschiebung der Ladevorgänge anhand der Restriktion des simulierten Ortsnetzes

Abb. 1 Verschiebung der Ladevorgänge anhand der Restriktion des simulierten Ortsnetzes (Quelle für alle Abb.: Eigene Darstellung)

Abb. 2 Verschiebung der Ladevorgänge nach Winderzeugung und Preisen

Abb. 2 Verschiebung der Ladevorgänge nach Winderzeugung und Preisen (Quelle: eigene Darstellung)

Wird die von den Haushalten angebotene Flexibilität marktdienlich genutzt, werden die E-Autos bevorzugt zu den Zeiten geladen, in denen die Beschaffungskosten für die EVUs möglichst gering sind. In diesem Projekt wurden die Ladevorgänge dann durchgeführt, wenn gemäß Prognose im Bilanzkreis von GPE viel Windstrom zur Verfügung stand und die Strompreise am Day-Ahead-Markt niedrig waren. Im Ergebnis konnten die Beschaffungskosten im Durchschnitt um mehr als 25 % gesenkt werden, bei gleichzeitig höherem Bezug von überschüssigem Windstrom.

Noch deutlich mehr Potenzial bietet die Nutzung des Intra-Day-Handels, der schneller und genauer auf Angebot und Nachfrage reagiert. Die Optimierung auf den kontinuierlichen Intraday-Handel war allerdings nicht Teil der Studie. Eine erste, aus den erhobenen Daten erstellte Simulation hat jedoch gezeigt, dass mit dieser Vorgehensweise eine nochmals signifikant höhere Einsparung möglich ist.

Erhöhung der Netzstabilität und erhebliche Senkung der Netzausbaukosten

Der Einsatz flexibler Stromverbraucher wie E-Autos für die Erhöhung der Netzstabilität im Rahmen des Netzengpassmanagements gewinnt im Hinblick auf den zum 1. Januar 2024 neu ausgestalteten § 14a EnWG an Relevanz. Seither können Netzbetreiber steuerbare Verbrauchseinrichtungen wie E-Autos oder Wärmepumpen bei Netzengpässen in ihrem Leistungsbezug dimmen – ohne Zustimmung der EVUs oder der Endkunden. Hierbei entstehen allerdings drei Probleme:

  • Verpflichtender Netzausbau durch den Netzbetreiber: Wenn Netzbetreiber Anlagen auf Basis des § 14a EnWG dimmen, sind sie verpflichtet, den betroffenen Leitungsabschnitt vorrangig auszubauen, um erneute Engpässe zu vermeiden. Dies verursacht hohe Kosten und bindet knappes Personal.
  • Fehlender Ausgleichsmechanismus zwischen EVU und Netzbetreiber: Durch das Dimmen wird die Elektrizitätsnachfrage verschoben. Die Kunden wollen ihre E-Autos schließlich in jedem Fall laden, doch ist der Ladevorgang später abgeschlossen. Meist müssen die EVUs deshalb zu einem späteren Zeitpunkt mehr Elektrizität als eigentlich geplant einkaufen und bereitstellen, um ihren Bilanzkreis auszugleichen. Die dabei entstehenden Kosten müssen bis dato allein die EVUs tragen. Je häufiger ein derartiger Eingriff nötig wird, desto größer ist der finanzielle Schaden beim EVU. Die Nutzung von Flexibilität mittels MFA reduziert Steuereingriffe des Netzbetreibers und damit auch das finanzielle Risiko des EVUs. 
  • Komforteinbußen bei Endkunden durch Dimm-Vorgänge des Netzbetreibers: Wird der Leistungsbezug beschränkt, können Kunden ggf. nicht im von ihnen gewünschten Umfang mit Energie versorgt werden. E-Autos laden später und ggf. nicht vollständig, der Komfort der Kunden sinkt. Dies beschädigt das notwendige Vertrauen in die Verkehrs- und Wärmewende und kann deren Umsetzung behindern und verzögern.

Das Pilotprojekt „FlexHafen“ zeigt, dass durch den Einsatz von Flexibilitäten die Netzlast zeitlich besser verteilt werden kann. Kritische Überlastungen des (simulierten) Netzabschnitts konnten sogar vollständig vermieden werden. Im Ergebnis müssen die Netze durch den Einsatz von Flexibilitäten weniger stark oder erst zu einem späteren Zeitpunkt ausgebaut werden. Dies spart Netzausbaukosten in erheblichem Umfang ein. Gleichzeitig können die finanziellen Risiken der EVUs reduziert und Komforteinbußen bei den Kunden vermieden werden. Rechtlich ist diese Art der Nutzung von Flexibilitäten bereits möglich: § 14c EnWG regelt die marktgestützte Beschaffung von Flexibilitätsdienstleistungen im Elektrizitätsverteilernetz.

Verminderung des CO2-Ausstoßes im deutschen Strommarkt um rund ein Viertel möglich

Darüber hinaus hat der Handel mit Flexibilitäten noch einen weiteren positiven Effekt. Solange in der Elektrizitätsproduktion noch fossile Energieträger verwendet werden, kann die Stromnachfrage durch den Einsatz von Flexibilitäten in Zeitfenster verschoben werden, in denen der Strommix besonders CO2-arm ist. Diese Optimierung stand zwar nicht im Fokus des Pilotprojekts. Dennoch legen Simulationen anhand der im Pilotprojekt untersuchten Ladevorgänge nahe, dass durch den Einsatz von Flexibilitäten, optimiert auf die Verringerung von CO2-Emissionen, eine Reduktion von klimaschädlichen Gasen um etwa ein Viertel zu erwarten ist. Diese Schätzung sollte in zukünftigen Studien noch genauer untersucht werden.

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