Auswirkungen auf Umwelt und Klimaschutz

Grafik zu hohem E--Fahrzeuganteil in großstadtnahen Gebieten

Abb. 1: Hoher E-Fahrzeuganteil in großstadtnahen Gebieten – geringe Dichte in Stadtzentren und Regionen Ostdeutschlands (Quelle: Microm; ESRI ArcGIS, GfK GecMarketing; MB Research; McKinsey)

Heute emittiert der Verkehrs- und Transportsektor in Deutschland jährlich etwa 171 MtCO2e. Dies entspricht etwa 19 % der gesamten CO2e-Emissionen. Der Klimaeffekt des Verkehrs ist damit kleiner als der aus der Energiewirtschaft oder der Industrie, die jeweils 35 % bzw. 21 % zum CO2e-Ausstoß beitragen. Die übrigen Anteile am Emissionsaufkommen entfallen größtenteils auf Haushalte und Landwirtschaft.

Eine flächendeckende Umstellung deutscher Fahrzeuge von Verbrennungs- auf Elektromotor kann zwar wegen der vergleichsweise kürzeren Lebenszyklen schneller vonstattengehen als eine Dekarbonisierung der Energieerzeugung. Trotzdem erfordert sie immer noch viel Zeit. Selbst wenn der Anteil der E- und Plug-in-Hybrid-Autos an den Neufahrzeugen bis 2025 auf über 20 % ansteigt, bleibt der Gesamtfuhrpark noch über Jahre größtenteils angetrieben vom Verbrennungsmotor.

Hinzu kommt, dass E-Autos nur dann eine nachhaltig positive Klimawirkung haben, wenn der genutzte Strom auch emissionsfrei bzw. -arm erzeugt wurde. Wie der Energiewende-Index in den vergangenen Jahren immer wieder belegt hat, halten sich die Fortschritte in diesem Bereich in Grenzen: Die CO2e-Bilanz eines E-Autos, das über den gesamten Lebenszyklus mit dem derzeitigen deutschen Strommix betrieben wird, ist nicht signifikant besser als die eines Autos mit effizientem Verbrennungsmotor. Länder wie Norwegen hingegen, in denen der Anteil an E-Fahrzeugen bereits 8,4 % beträgt und die mit 96 % Wasserkraft einen hohen Anteil CO2e-freier Stromerzeugung vorweisen, können bereits über 60 % ihrer CO2e-Emissionen einsparen.

Nichtsdestotrotz werden E-Autos auch in Deutschland einen positiven Effekt auf die Umwelt haben. Denn neben dem CO2e- Ausstoß hat unser Land noch mit weiteren Emissionen wie beispielsweise mit Feinstaub zu kämpfen, der in den vergangenen Jahren zunehmend in den Fokus der öffentlichen Debatte gerückt ist. Und fortschreitende E-Mobilität kann auch in diesem Bereich einen wertvollen Beitrag zur Verbesserung der Situation leisten. Der Stromverbrauch verändert sich durch die Zunahme an E-Fahrzeugen – anders als vielleicht erwartet – nur geringfügig. In nahezu allen Verbreitungsszenarien bleibt die zusätzliche Stromnachfrage im kommenden Jahrzehnt vernachlässigbar, wie folgende Musterrechnung zeigt: 1 % des deutschen Fuhrparks benötigt ca. 1 TWh Strom pro Jahr. Die eine Million Elektroautos, die als Ziel ausgegeben worden sind, hätten einen Bedarf von 2 bis 3 TWh. Dies entspricht weniger als 0,5 % des gesamten deutschen Strombedarfs. Selbst ein Anteil von 40 % E-Autos am deutschen Gesamtfuhrpark, der von den meisten Analysten erst in Jahrzehnten erwartet wird, würde die Stromnachfrage nur um ca. 40 TWh oder weniger als 10 % erhöhen.

Auf den Primärenergieverbrauch kann der Durchbruch der E-Mobilität durch seine höhere Energieeffizienz einen senkenden Effekt haben. So verbraucht im deutschen Fuhrpark ein durchschnittlicher Pkw mit Verbrennungsmotor etwa 7 l/100 km, was etwa 60 kWh/100 km entspricht. Selbst ein größeres E-Auto benötigt hingegen nur etwa 20 kWh.

Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit

Bei den Konsequenzen für die Versorgungssicherheit ist grundsätzlich zu unterscheiden zwischen den Effekten auf das Gesamtsystem und denen auf lokaler Ebene. So wird das Gesamtsystem, etwa die gesicherte Reservemarge, durch die derzeit absehbare Zahl an E-Autos kaum berührt: Die Jahresspitzenlast in Deutschland steigt durch den zusätzlichen Strom, den Elektromobile verbrauchen, bis 2030 um gerade einmal 1 %.

Anders sieht es in den lokalen Verteilnetzzellen aus. Dort kann eine steigende Anzahl an E-Autos sogar zu massiven Engpässen führen. Die unkoordinierte Lastwirkung von E-Autos wird sich erwartungsgemäß auf jene Abendstunden konzentrieren, in denen die lokale Verteilnetzzelle mit ihren beispielhaft angenommenen 150 angeschlossenen Haushalten heute ohnehin schon ihre Spitzenlast hat. McKinsey-Analysen zeigen, dass schon ein Anteil von 25 % EFahrzeugen mit typischem Strommix und Ladeleistungen zwischen 1,7 kW und 11 kW zu einem Anstieg der Spitzenlast in der lokalen Verteilnetzzelle um 30 % führt. Die typische Ladezeit beträgt hierbei etwa fünf Stunden, abhängig vom Nutzerverhalten. Die Verwendung von Schnellladestationen (die allerdings in Privathaushalten nicht zu erwarten sind) würde diese lokale Spitzenlast weiter erhöhen, wenngleich sich durch die kürzeren Ladezeiten neue Optimierungs- und Koordinationsmöglichkeiten ergeben, weil eine volle Batterieladung nicht mehr die gesamte Nacht dauert.

In jedem Fall bleibt unter dem Strich eine nicht unerhebliche Mehrlast, die auch PVAnlagen in den sonnenärmeren Spitzenlaststunden am späten Nachmittag und frühen Abend nicht abfedern können. Viele Verteilnetzzellen sind auf diese Zusatzbelastung heute nicht vorbereitet und ein entsprechender Ausbau wäre aufwendig und teuer. Neuere Studien sprechen hier von einem höheren zweistelligen Milliardenbetrag in den kommenden fünf bis zehn Jahren.

Selbst bei bundesweit niedrigen Durchdringungsraten kann es auf lokaler Ebene zu einem sehr hohen E-Fahrzeugaufkommen kommen – mit den damit verbundenen beschriebenen Problemen. In Stadtrandgebieten großer Ballungszentren ist am ehesten eine hohe Dichte zu erwarten. Zur voraussichtlichen Verbreitung von E-Autos in Deutschland hat McKinsey ein regionales Vorhersagemodell entwickelt. Der beispielhafte Vergleich dreier Gebiete illustriert die Unterschiede:

A. Wohlhabende Kleinstadt mit hoher E-Fahrzeugdichte, z.B. Königstein im Taunus (ca. 16.000 Einwohner am Rande des Rhein- Main-Gebiets; Anteil an Haushalten mit hohen Einkommen unter den Top 5 in Deutschland; hoher Pendleranteil nach Frankfurt mit 20 Minuten Fahrzeit);

B. Typische deutsche Mittelstadt mit mittlerer E-Fahrzeugdichte, z.B. Speyer (ca. 50.000 Einwohner; Ludwigshafen, Mannheim und Karlsruhe in ca. 20 Minuten Fahrzeit zu erreichen);

C. Einkommensschwächere Mittelstadt mit geringer E-Fahrzeugdichte, z.B. Neumünster (ca. 79.000 Einwohner; dünner besiedelter, ländlicher Raum zwischen Hamburg (70 km) und Kiel (30 km)). Bei einer angenommenen deutschlandweiten E-Fahrzeugdichte von 30 % zeigt die Regionalanalyse, dass das E-Autoaufkommen von Ort zu Ort stark variiert; im vorliegenden Beispiel liegt sie um mehr als die Hälfte über bzw. unter dem bundesweiten Schnitt. Entsprechend stark unterscheidet sich der Effekt auf die jeweilige lokale Spitzenlast: In Königsstein würde sie um etwa 65 % über den aktuellen Wert steigen, in Speyer um 39 % und in Neumünster nur um 15 %. Sollten Lastspitzen wie die hier berechneten realisiert werden, wären kostspielige Netzausbauten notwendig (Abb. 1) 

Eine Überlastung der Verteilnetze kann jedoch durch Änderung des Ladeverhaltens (z.B. koordiniertes, sequenzielles Laden über die gesamte Nacht) reduziert oder sogar ganz vermieden werden. Hierzu kommt es vor allem darauf an herauszufinden, wie sich das Ladeverhalten koordinieren lässt. Verschiedene Studien erwarten dadurch eine Minderung der zusätzlichen Spitzenlast um den Faktor 5 bis 7. Noch fehlen für eine solche Koordination geeignete Markt- und Anreizmechanismen. Auch die Umstellung der Stromabrechnung in Haushalten von Arbeitspreisen (kWh) auf Leistungspreise (kW) ist bislang noch nicht weit fortgeschritten. Entsprechende Anpassungen könnten langfristig helfen, die Ladevorgänge von E-Autos nicht nur zu bewältigen, sondern sie sogar positiv für das erneuerbare Stromsystem nutzbar machen und so dazu beitragen, auf stationäre Speicher an anderer Stelle zu verzichten.

Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit

Veränderungen im Bereich der Wirtschaftlichkeit des deutschen Stromsystems würden zunächst einmal durch die steigende Nachfrage nach Strom für E-Autos hervorgerufen. Allerdings dürften sich die Auswirkungen der Nachfrage in Grenzen halten und somit auch die daraus resultierenden Effekte auf die laufenden Kosten des Stromsektors. Deutlichere Kostenanstiege sind dagegen beim Netzausbau zu erwarten. Die Verteilnetze, die durch den Ausbau der Erneuerbaren ohnehin schon unter Druck stehen, werden durch die E-Mobilität wie oben beschrieben vor zusätzliche Herausforderungen gestellt. Der dann erforderliche stärkere Netzausbau würde die Netzentgelte weiter steigen lassen. In Summe steht somit zu erwarten, dass E-Autos vor allem höhere Investitionen bedeuten und kaum mit höheren laufenden Kosten einhergehen. Die erforderlichen Investitionen werden vor allem von den Lastspitzen und weniger von der steigenden Stromnachfrage insgesamt getrieben. In die Dimension Wirtschaftlichkeit fällt auch die Entwicklung der Arbeitsplätze in erneuerbaren Energien und stromintensiven Industrien. Die Effekte in diesen Sektoren sind erwartungsgemäß begrenzt, aber die möglichen Folgen in anderen Sektoren sind umso dramatischer. Deutschlands Autozulieferindustrie ist weitgehend abhängig vom Verbrennungsmotor und dem zugehörigen Antriebsstrang. Ein globaler Durchbruch der Elektromobilität kann zu massiven Umbrüchen in der Branche führen.

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