Energieverbrauch der privaten Haushalte: 2019 und 2050

Electric Society: Tab. 1: Endenergieverbrauch der privaten Haushalte

Tab. 1: Endenergieverbrauch der privaten Haushalte

Der Energieverbrauch der privaten Haushalte in Deutschland lag im Jahr 2019 bei 2.399 PJ und beträgt damit rund ein Drittel des gesamten Endenergieverbrauchs. Für unsere Analyse ist vor allem die Struktur des Energieverbrauchs der privaten Haushalte von Interesse. Die fossilen Energieträger (Kohle, Mineralöl, Erdgas) tragen mit rd. 60 % die Hauptlast der Versorgung. Die nach den Konventionen der Statistik bei den „privaten Haushalten“ zu verbuchenden erneuerbaren Energien, d. h. Biomasse, Solarthermie, Geothermie und Umgebungswärme, leisten einen Beitrag von 14,1 % sowie die Fernwärme von 7,6 %. Und schließlich deckt Strom, der zu einem wachsenden Anteil aus erneuerbaren Energiequellen stammt, fast 20 % des Endenergieverbrauchs der Haushalte.

Was können wir über den Energieverbrauch der privaten Haushalte im Jahr 2050 sagen? Es ist bemerkenswert, dass der von der Bundesregierung seit vielen Jahren gepflegte „Politikstil“ mit seiner kaum noch zu übersehenden Anzahl quantitativer Zielsetzungen es auch Laien möglich macht, Abschätzungen über 30 Jahre zu wagen, jedenfalls wenn man die Texte liest und die Vorgaben der Bundesregierung für bare Münze nimmt (siehe dazu [2] und [3]). Wie einfach das geht, kann man demonstrieren, indem man Schritt für Schritt die politisch vorgegebenen bzw. mit etwas energiewirtschaftlichem Sachverstand abzuschätzenden Verbrauchswerte für die einzelnen Energieträger in die Bilanz 2050 einträgt (Tab. 1):

  • Am einfachsten sind die Eintragungen bei den fossilen Energieträgern. Die Vorgabe „Klimaneutralität 2050“ führt hier zu klaren Verhältnissen. Bei Kohle, Mineralöl und Erdgas müssen in der Bilanz 2050 Eintragungen mit dem Wert „Null“ stehen. Man kann nur staunen, aber mit einem Schlag ist schon fast die Hälfte der Aufgabe erledigt. In der Bilanz sind drei von sieben festzulegenden Werten besetzt.
  • Auch bei den nächsten beiden Positionen, den erneuerbaren Energien zur Bereitstellung von Wärme und der Fernwärme, sind Abschätzungen gut und relativ leicht möglich. Orientiert man sich an den politischen Absichtserklärungen und nimmt die Ergebnisse aktueller Studien hinzu, kann man zu den folgenden Setzungen gelangen: Für die erneuerbaren Energien erscheint ein Zuwachs bis 2050 um rd. 30 % möglich [4]. Bei der Fernwärme, die vor der nicht zu unterschätzenden Aufgabe steht, in Zukunft auch klimaneutral zu arbeiten, kann man nach dem Urteil der Fachwelt 2050 allenfalls geringfügig höhere Werte erwarten [5].
  • Es gibt Erwartungen, dass bis 2050 zusätzlich zu den „klassischen Energieträgern“ auch sog. synthetisch hergestellte Brennstoffe, insbesondere Wasserstoff, zur Verfügung stehen. Es ist daher aus grundsätzlichen Erwägungen sinnvoll, eine solche Option mit zu bedenken. Allerdings ist absehbar, dass diese neuen Brennstoffe auf absehbare Zeit nur in sehr begrenzten Mengen zur Verfügung stehen und wenn, dann vor allem in der Industrie benötigt werden. Für einen darüber hinausgehenden Einsatz von Wasserstoff zur Wärmeversorgung der privaten Haushalte besteht bis 2050 kaum Potenzial. Der Wert dürfte in jedem Falle so klein sein, dass es zur Vermeidung von Spekulationen gerechtfertigt erscheint, in unserer Bilanz keine Angaben zum Einsatz von Wasserstoff zu machen.
  • Jetzt ist nur noch über den Beitrag von Strom in 2050 zu entscheiden. Hier ist es sinnvoll, eine Abschätzung im Zusammenhang des insgesamt zu erwartenden Energieverbrauchs der privaten Haushalte vorzunehmen. Auf diesem Gebiet haben wir es mit größeren Unsicherheiten zu tun. Vereinfacht wollen wir für unsere Analyse unterstellen, dass der Energieverbrauch der privaten Haushalte in 2050 rd. 25 % unter dem heutigen Wert liegt. Diese Festlegung liegt im Rahmen der politischen Vorgaben und entspricht auch dem, was aktuelle Studien auf diesem Gebiet erwarten [6].
  • Wer den Überlegungen bis hierher gefolgt ist, kann nun sofort und ohne weitere Umstände den Wert für Strom in 2050 ermitteln. Ergebnis der Berechnung: Die Bereitstellung von Strom muss gewaltig zunehmen, von heute bis 2050 um 155 %. Dementsprechend müsste übrigens auch der Ausbau bei Windkraft und Photovoltaik vorankommen, die ja im Wesentlichen diesen zusätzlichen Strombedarf decken sollen.

An dieser Stelle lohnt es sich, noch einmal auf die Energiebilanz 2050 zu schauen. Wir haben gelernt, dass die privaten Haushalte in Zukunft nur noch die Wahl zwischen Erneuerbaren/Wärme, Fernwärme und Strom (und auf ganz lange Sicht vielleicht auch noch Wasserstoff) haben. Diese Energieträger stehen untereinander im Wettbewerb. Es spricht einiges dafür, dass es die erneuerbaren Energien und auch die Fernwärme schwer haben werden, sich gegen den aller Voraussicht nach übermächtig werdenden Wind- und PV-Strom zu behaupten.

Ursache dafür ist eine Gesetzmäßigkeit, die mit der Formulierung „the winner takes it all“ beschrieben wird. Der Anteil von Strom am Endenergieverbrauch könnte also noch deutlich größer als in unserem Beispielfall ausfallen; es kann vielleicht sogar so sein, dass diejenigen Recht bekommen, die heute von der Vision einer „All Electric Society“ sprechen. Dass sich daraus ein neues Thema für die Wettbewerbspolitik ergeben wird, sei hier nur am Rande erwähnt. In jedem Fall sollte man sich darauf vorbereiten, dass Energiepolitik in Zukunft vor allem „Strompolitik“ bedeutet.

2 / 5

Ähnliche Beiträge