Großes Sparpotenzial für flexible Kunden

Abb. 2 Einsparpotentiale durch Lastverschiebung beim Verbraucher

Abb. 2 Einsparpotentiale durch Lastverschiebung beim Verbraucher (Quelle: Simon-Kucher)

Abb. 3 Preisentwicklung und Anbieter auf Verivox

Abb. 3 Preisentwicklung und Anbieter auf Verivox (Quelle: Simon-Kucher)

Für Verbraucher ist es daher an der Zeit zu prüfen, ob solche Tarife zu ihnen passen. Die Faustregel: Wer beim Stromverbrauch nicht auf feste Zeiten angewiesen ist, kann dank der neuen Transparenz viel sparen. Einfach indem er die Nutzung auf kostengünstigere Zeitpunkte verschiebt — das Elektroauto also z.B. nachts oder dann lädt, wenn es überschüssige Windenergie gibt (siehe Abb. 2). Weitere Vorteile: Kunden haben Transparenz zu Verbrauch und Kosten, reduzieren CO2-Emissionen durch eine effiziente Nutzung erneuerbarer Energien und fördern die Energiewende.

Dynamische Tarife als Kundenmagnet für Energieversorger

Die Deckelung der Endkundenkosten für Smart Meter auf 20 € fördert die breitflächige Einführung und beschleunigt die Digitalisierung. Energieversorger können neue Geschäftsfelder und Mehrwerte für Kunden entwickeln. Das ist essenziell, da in der Energiekrise viele Verbraucher in die plötzlich günstigere Grundversorgung wechselten. Jetzt, da die wettbewerblichen Preise das erste Mal seit Monaten wieder flächendeckend unter der Grundversorgung liegen, fahren Versorger ihren Vertrieb hoch. Dies lässt sich auch an der Anzahl der Stromanbieter bei Verivox beobachten, die seit September um über 80 % gestiegen ist (siehe Abb. 3). Dass Preise am Spotmarkt stärker sinken als an den Terminmärkten, ist dabei das beste Argument zur Neukunden-Gewinnung mit dynamischen Tarifen. Der Verbraucher trägt dabei jedoch das Risiko steigender Preise am Spotmarkt in der Zukunft.

Dynamische Tarife sind zudem exzellent zur Kundenbindung. Angepasste Preis- und Beschaffungsmodelle geben Kunden das, was sie wollen: Transparenz durch die Differenzierung von Energiekosten und vertrieblichen Kosten und Handlungsoptionen durch die Möglichkeit der Beeinflussung der Energiekosten. Auch unsere Energiemarktstudie (siehe unter https://www.simon-kucher.com/de/insights/) zeigt, dass 88 % der Kunden ihr Verbrauchsverhalten anpassen, um zu sparen. 

Beispiele, dass das Modell funktionieren kann, gibt es bereits einige. Spanien macht es vor: Hier nutzen bereits fast 50 %der Endkunden dynamische Tarife. In Deutschland bietet Tibber bereits seit 2020 allen Kunden mit Smart Meter einen dynamischen Tarif gekoppelt an den EPEX-Spotmarkt-Preis an und berechnet dem Kunden zzgl. zum Energiepreis lediglich eine monatliche Servicepauschale. Aber auch in der Stadtwerke-Landschaft gibt es Beispiele, wie das Stadtwerk Haßfurt, das einen dynamischen Tarif mit Preisgrenzen bereits anbietet.

Dynamische Tarife in anderen Branchen keine Neuheit

Aus unserer langjährigen Erfahrung mit dynamischen Preismodellen in vielen Branchen wissen wir, dass Verbraucher an einer dynamischen Preisgestaltung interessiert sind. Einzige Voraussetzung: Die Systeme müssen so gestaltet sein, dass sie einfach zu nutzen sind und den Verbrauchern die Möglichkeit geben, von bestimmten Angebotspreis- oder Marktpreiskonstellationen zu profitieren. 

In Bereichen wie beispielweise der Reisebranche und im Einzelhandel, haben sich dynamische Preismodelle bereits als eines der wichtigsten Verfahren zum Ausgleich von Angebot und Nachfrage und damit zur besseren Gewinnausschöpfung etabliert. Sie kommen in unendlich vielen Varianten als simple zeitliche Preisdifferenzierung vor, u.a. nach Tageszeit, nach Wochentag, nach Jahreszeit, in Form von Frühbucherrabatten, als Last-Minute-Angebote oder als sog. dynamisches Pricing in Abhängigkeit von Angebots- und Nachfrageentwicklung.

Der Treiber sind stets individuelle Verbraucherpräferenzen und die damit verknüpften unterschiedlichen Preisbereitschaften. In unserem Energiesystem ist der Ausgleich jedoch auch eine Frage der Versorgungssicherheit und nicht nur der Gewinnausschöpfung.

Flexibilisierung wichtig für die Realisierung der Energiewende

Durch den zunehmenden Anteil der fluktuierenden Energiequellen am Energiemix steigt die Preisvolatilität. Um die Versorgungssicherheit auch in Zukunft gewährleisten zu können, müssen Maßnahmen zum Ausgleich von Angebot und Nachfrage getroffen werden. Neben den technischen Lösungen mittels Energiespeicherung mit Batterien oder Umwandlung in Wasserstoff, bietet hier die Flexibilisierung der Nachfrageseite ebenfalls einen Hebel für eine erfolgreiche Energiewende.

Bei einem unausgeglichenen Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage erhält der Endverbraucher mit dynamischen Tarifen entsprechende Preissignale. Verbraucher, die ihren Bedarf entsprechend anpassen, werden finanziell belohnt und helfen gleichzeitig, das Stromnetz stabil zu halten, indem sie Lastspitzen glätten und Erzeugungsspitzen abnehmen. In der Industrie ist die Flexibilitätsvermarktung bereits vorangeschritten, im Bereich privater Haushalte stehen wir hier jedoch noch am Anfang. Und das, obwohl die Privathaushalte rund ein Viertel des Stromverbrauchs in Deutschland ausmachen.

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