Parallel laufende Alternative auf EU-Ebene

Zu dem deutschen Weg eines Ausstiegsplans für die Kohleverstromung gibt es übrigens eine parallel laufende Alternative auf EU-Ebene, die bisher erstaunlich wenig beachtet wird. Die EU-Kommission hat Ende 2017, Monate vor der Einsetzung der Kohlekommission in Deutschland, die Initiative „Coal Regions in Transition“ [14] gestartet. Im Rahmen der gemeinsamen EU-Dekarbonisierungsstrategie soll diese Initiative den Wandel der 41 Kohleregionen in der EU (darunter alle deutschen Regionen mit 2017 noch aktivem Kohlenbergbau) hin zu einer CO2-armen Wirtschaft beschleunigen.

Die EU gibt keinen nationalen Kohleausstieg vor (zumal sie gemäß AEUV keine Kompetenz über den nationalen Energiemix hat). Stattdessen hat die Kommission alle ihre regionalen Strukturförderungsprogramme und -töpfe dafür geöffnet und Plattformen für den Austausch von Erfahrungen und Best-Practice-Beispielen eingerichtet, um Vorhaben zu unterstützen, die zu einer Reduzierung von Treibhausgasemissionen in den Kohleregionen führen.

Dafür müssen diese selber Pläne vorlegen, die ihren regionalökonomischen Gegebenheiten angemessen sind, z.B. für Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz im Wärmesektor oder regenerative Verkehrsprojekte. Den Kohleregionen soll dadurch die Möglichkeit zur „smart specialisation“ gegeben werden. Bei diesem Ansatz beteiligen sich auch solche EU-Mitgliedstaaten (die stets national kofinanzieren müssen), die längerfristig Kohle verstromen wollen, wie Polen. Der Kohle-ausstieg hat hierbei keine Symbolfunktion, dafür wird ein breit gefächerter, effektiver Beitrag zum Klimaschutz bewirkt.

Anmerkungen

[1] Siehe dazu die offizielle Pressemitteilung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (https://www.bmwi.de) und den dort angehängten Beschlusstext zur Einsetzung der Kommission.

[2] Siehe NRW-CDU/NRW-FDP: Koalitionsvertrag für Nordrhein-Westfalen 2017-2022, hier S. 37.

[3] Der Autor legt für seine Einschätzungen neben seiner Expertise in der Energiepolitik rund um die Steinkohle, siehe etwa van de Loo, K./Sitte, A.-P.: Stein-kohle 2017 in: BWK (Brennstoff-Wärme-Kraft) Bd. 70 (2018) Nr. 5, S. 102-108, sowie bezüglich ökonomischer Aspekte des Nachbergbaus, siehe van de Loo, K.: Nachbergbau – ein neues Forschungsprogramm auch für die Wirtschaftswissenschaft, in: Mining Report Glückauf 154 (2018) Nr. 3, S. 245-260, insbesondere eigene Erfahrungen mit dem Auslauf des Steinkohlenbergbaus und dem damit verbundenen regionalen Strukturwandel zugrunde.

[4] Vgl. et-Redaktion: Welche Klimaziele sind verpflichtend? in: Energiewirtschaftliche Tagesfragen 68. Jg. (2018), Heft 7/8, S. 41f.

[5] Siehe BMU: Klimaschutzplan 2050, 1. Aufl., Berlin 2016, S. 11ff.

[6] Siehe IEA: CO2 emissions by fuel combustion, Paris 2017.

[7] Siehe dazu Schaubild und Zahlen mit der Hochrechnung 2017 bei van de Loo/Sitte, a.a.O., S. 104.

[8] Vgl. Stratmann, K.: Raus aus der Kohle - aber ab wann? in: Handelsblatt vom 9.8.2018.

[9] Siehe Titelstory des Handelsblatts vom 21.8.2018: „Teurer Ausstieg“.

[10] Siehe zum „Porterschen Diamanten“ Lahner, J.:  Entwicklung und Regionalökonomie in der Wirtschaftsförderung, Wiesbaden 2017, S. 67ff. und die dort angegebene Literatur.

[11] Siehe Heil, H.: Ein nationaler Kraftakt ist nötig, im Handelsblatt vom 3.8.2018.

[12] Siehe OECD: Productivity and Jobs in a Globalised Word: (How) Can all Regions Benefit?; Paris 2018.

[13] Das führte zu dem ernüchternden Fazit regional-politischer Experten: “Viel erreicht, wenig gewonnen“, so der Buchtitel von Bogumil, J. et al., Essen 2012.

[14] Siehe Pressemitteilung der EU-Kommission vom 11.12.2017 „No region left behind: launch of the Platform for Coal Regions in Transition“, unter http://europa.eu/rapid/press-release_IP-17-5165_de.htm, sowie das Interview mit dem Lausitz-Beauftragten des Landes Brandenburg Klaus Freytag unter dem Titel “Coal Regions in Transition – Strukturwandel, Kohle- und Energiepolitik in Europa”, in: Energiewirtschaftliche Tagesfragen 68. Jg. (2018) Nr. 7/8, S. 39f.

Kai van de Loo

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